shifting reality

Es gibt kein richtiges Lesen im valschen!

Um was geht`s eigentlich?

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In Deutschland gibt es die Ein-Euro-Jobs bei relativ hoher, wenngleich entsprechend mir nicht bekannter Zählweisen sinkender Arbeitslosenquote. Die deutsche Arbeitslosenquote beträgt gerade 8,6 Prozent.

Die Arbeitlosenquote in der Schweiz sinkt auch: entsprechend mir nicht bekannter Zählweise beträgt sie gerade  2,9 Prozent. Hier wird die Einführung von Tausend-Franken-Jobs diskutiert.

Ich kann mir das nur so erklären, dass menschliche Arbeit wirklich überhaupt nicht mehr bezahlt werden kann.

Written by talbert

5. April 2008 um 23:07

Veröffentlicht in Aufklärung?, die Moral, Staat=Markt?

10 Antworten

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  1. Nein, das liegt daran, daß die Gewinnerwartungen einfach viel höher sind als einst. Einer meiner Unternehmer-Berater-Freunde sagte neulich, daß vieles heute üblich sei, was früher als „Wucher“ galt, und wie genau er das meinte, da frage ich noch mal nach 😉 … und die Kohle fließt dann zurück in die „Finanzmärkte“ und zirkuliert dort.

    Ich glaube, das war das, was man zurückerwartet, wenn man Geld gibt – eben keine Verzinsung um die 8-10%, sondern die Erwartung, binnen einer bestimmten Frist das Kapital zu vervielfachen, kein Scherz.

    Das Problem verschärft sich dadurch, daß die so oft beschworene Mittelstands-Förderung kaum stattfindet – gerade da schlägt der Staat ziemlich erbarmungslos zu, allein schon, was das Zahlungsprocedere der Umsatzsteuer (heißt die so, Rayson? Das, wo man auch aufgrund von Prognosen Kohle in erheblichen Höhen vorschießen muß?) betrifft (habe ich gerade gelernt, bin da nur noch nicht begriffssicher).

    Wenn Du nicht sowieso schon Geld hast, bist Du halt genötigt , Dich an eben jene Leute zu halten, die diese übersteigerten Gewinnerwartungen haben, sonst gilst Du den Herren Investoren als „Living Dead“. Und dann kanste halt auch keine Leute einstellen, ist ja klar, weil die alles abschöpfen.

    Und aus dem Nichts kriegste ja noch nicht mal ’n Weinladen eröffnet. Und die „Nischen“ – Gemüseläden, Änderungsschneidereien, Imbisse, Gastronomie – werden ja häufig von „Immigranten“ und deren Nachkommen besetzt, und das wäre schon mal interessant zu gucken, wie das kommt, ob die also eher bereit sind, zunächst mal Abstriche zu machen, meine ich. Aber auch, wer da „vorfinanziert“.

    Dieses immer wie eine Ethik vor dem Wirtschaftsliberalismus hergetragene „Unternehmer“-Leitbild kannste eigentlich nur als Erbe leben, ansonsten biste Manövriermasse solcher Leute – da die Banken eben nach der New Economy auch nur noch auf bombensichere Geschichten mit dollen Sicherheiten – Wohnungen, Häuser etc. – scharf sind, und die zocken derweil woanders rum, nicht zufällig bei Immobilienkrediten.

    Da sind zwei Generationen am Ruder, die Yuppie-Wall-Street-Generation und die Privatfernseh-Party-Ich AG-Truppe, die auch anderen Handlungslogiken folgen als die klassischen Patriarchen. Bei méiner Beschimpfung der „Harvard Buisness-Schooll-Wixer“ hat mir sogar Rayson mal leidenschaftlich zugestimmt.

    Des weiteren liegt’s daran, daß in jenen Bereichen, in denen klassisch massenhaft produziert wird, ein Unterbietungswettbewerb stattfindet: Klamotten etc.. Bin noch aufgewachsen inZeiten des Socken-Stopfens, zum Beispiel, da gab’s so’n Stopf-Pilz. Haste mal „Krieg der Knöpfe“ gelesen? Was für ein existentieller Schaden den Eltern der Kids entstand, wenn sie sich wechselseitig Knöpfe, Reißverschlüsse und Gürtel klauten?

    Daß eben alle zu irgendwelchen Elektrohäusern laufen, und um so billig anbieten zu können, mußt Du schon Chinesen gandenlos ausbeuten.

    Und da sind die „Verbraucher“ zunächst nicht bereit, die höheren Preise zu zahlen, und tragen so schon auch dazu bei, daß sie sich’s irgendwann auch gar nicht mehr leisten könnten.

    Und es ist ja kein Zufall, daß so richtig flächendeckend lediglich die Autoindustrie hier noch wirkt, Hochpreissegment, wo dann andere Qualitätskriterien gelten. Aber gerade Opel ist meins Wissens, man korrigiere mich, gerade deshalb in’s Schleudern gekommen, weil nicht mehr so viel in die Produkte und die Produktentwicklung investiert wurde – wegen der oben zitierten Gewinnerwartung.

    Im Handwerk sind’s, glaube ich, die Zunftordnungen, die einerseits genau davor schützen, andererseits sorgen die dann auch dafür, daß sich Normalmenschen ’nen Tischler gar nicht mehr leisten können. Da gäbe es ja Potenzial auch für Nicht-Gelernte, die’s trotzdem drauf haben, und da schwappt dann vieles in Schwarzarbeit.

    War gestern mal wieder bei meinem Friseur, und der leidet auch zum einen unter den Billig-Ketten, die für 10 Euro schlechte Haarschnitte verpassen, während er das noch als Handwerk begreift und 27 Euro nimmt, zum anderen leidet er aber durchaus auch darunter, daß er keine Lehrlinge findet, weil die sich zu fein für den Job sind, der zunächst sehr schlecht bezahlt wird und denen dann zu anstrengend ist und irgendwie auch unter ihrer Würde ist. Dem fliegen ständig die Kids während der Lehre aus der Kurve, auch, weil die wenig bereit sind, ihr ausschweifendes Nachtleben zu opfern zugunsten des beim Job Erscheinens. Was dann dem Klassenfeind ja leider recht gibt. Im sozialismus könnte man damit leben, hätte dafür aber nur gelegentlich Südfrüchte und baute Obst und Gemüse vor der Datscha an 😉 … wobei paradoxerweise Friseure zu den wenigen Selbstständigen in der DDR zählten und deshalb einen sehr hohen Status hatten.

    momorulez

    6. April 2008 at 9:30

  2. Management by Abschöpfing.

    Wer am brutalsten „saugt“ und seine „Unternehmer“-Macht zu Lasten aller Übrigen einsetzt, gewinnt. Und das dabei erwirtschaftete Geld fließt dann z.B. in Finanzmarktkonstrukte.

    Sie begreifen die von ihnen besessenen Unternehmen weniger als Unternehmen im eigentlichen Sinne, denn als reine Machtposition zur Durchsetzung von Finanzinteressen. Die Spielregeln des Marktes werden von ihnen so stark gebeugt, wie es nur irgendwie möglich ist – nicht selten an den Grenzen der Legalität oder darüber hinaus, dabei auf einen schwachen Staat und wehrlose Belegschaften vertrauend.

    Mag sein, dass dieses Bild übertrieben ist – in mittlerweile erheblichen Teilbereichen sieht es trotzdem so aus. Mal extrem doof gefragt:

    Wenn es bei diesem Geschehen tatsächlich stärker um Machtkampf geht, als darum, an Märkten mit guten Produkten und auf fairen Methoden zum Erfolg zu gelangen, wie verträgt sich das genau mit den Ideen von den „natürlichen Gleichgewichten“ und der Vorstellung von Unternehmern als effiziente Wirtschaftslenker?

    Was genau wird besser, wenn ganze Branchen mit diesen renditegetriebenen Machtmethoden leergelutscht werden?

    Eine ernst gemeinte Frage an überzeugte Wirtschaftsliberale.

    Dr. Dean

    6. April 2008 at 14:37

  3. Und aus dem Nichts kriegste ja noch nicht mal ‘n Weinladen eröffnet. Und die “Nischen” – Gemüseläden, Änderungsschneidereien, Imbisse, Gastronomie – werden ja häufig von “Immigranten” und deren Nachkommen besetzt, und das wäre schon mal interessant zu gucken, wie das kommt, ob die also eher bereit sind, zunächst mal Abstriche zu machen, meine ich.

    Ich denke, ja. In unserem Dorf hatte z.B. jemand eine Gaststätte geerbt. War, glaube ich, selbst gelernter Koch. Wollte aber lieber „managen“ als kochen und stellte darum einen Koch ein. War irgendwie nichts richtiges. Und die allgemeine Tendenz in der Gastronomie hier scheint zu sein: Wo „Immigranten“ den Laden übernehmen, da läuft er, wo’s „Alteingesessene“ tun, da eher nicht.

    Im Handwerk sind’s, glaube ich, die Zunftordnungen, die einerseits genau davor schützen, andererseits sorgen die dann auch dafür, daß sich Normalmenschen ‘nen Tischler gar nicht mehr leisten können. Da gäbe es ja Potenzial auch für Nicht-Gelernte, die’s trotzdem drauf haben, und da schwappt dann vieles in Schwarzarbeit.

    Jepp. Volle Zustimmung. Aber an Sozialleistungen herumzudoktern ist wesentlich einfacher – da grummeln zwar die Gewerkschaften, aber um deren Klientel geht es letztlich nicht, die arbeiten ja nicht; die Linken reagieren gereizt; und das war’s dann eben. ERST die zig Arbeitsverbote aufheben, für Asylanten, für fähige Handwerker ohne Gesellen- oder Meisterbrief, für am besten fast alle, die lediglich keine hochamtliche Fähigkeitsbescheinigungsurkunde vorlegen können (mit Ausnahmen natürlich; z.B. bei Ärzten; aber auch da: Um eine Praxis aufzumachen mußte man früher nicht unbedingt „Allgemeinmediziner“ sein. Die Regelung ist sogar relativ jung, und ich wüßte nicht, daß sie die Versorgungsqualität deutlich verbessert hätte. Man kann mich da aber duchaus aufklären.). DANN, vielleicht die Sozialsysteme reformieren. DAS wäre mutig gewesen. Nicht, die Leute mit der einen Hand am Tropf zu halten und mit der anderen die Versorgung durch diesen zu verringern.

    David

    6. April 2008 at 15:02

  4. Woran liegt es denn Eurer geschätzten Meinung nach, dass der Zutritt zu einem „echten“ Markt mit Chancen für jeden in Deutschland so schwer gemacht wird? Woran liegt es, dass sogar in Segmenten, die der Extrem- und Hochfinanz eigentlich sch..egal sein können und auch sind (Handwerk, Weinladen), die Chancen immer geringer werden ?

    Die formalen Regeln sollten ja für alle gleich sein.

    elhell

    6. April 2008 at 21:53

  5. @elhell

    na, woran liegts denn?

    (Deine Beispiele dessen, was wem scheissegal ist, sind übrigens nicht ganz richtig: in der Schweiz beispielsweise ist COOP der grösste Weinhändler, was auch ausgebaut wird, und Handwerk kann ich in den COOP-Bau-und-Hobbymärkten einkaufen, fachgerecht, preiswert, vom Meister und Gehilfen; die kommen für COOP, unabhängig vom Materialkauf.)

    Die Beispiele von David sind doch richtig: komischerweise SIND es Immigranten, die evtl. auch die Weinläden aufmachen, wie der Araber hier bei mir um die Ecke. Der hat sich auch von der Präsenz des allgegenwärtigen COOP-Angebots in Zürich nicht irre machen lassen. Als ich noch in Deutschland war, hatte ich sehr viel mit türkischen selbständigen Handwerkern zu tun, auch mit arabischen.
    Ich wüsste nicht, dass es denen leichter gemacht würde. Ich weiss aber noch, dass sie im Ruhrgebiet ganze Stadtquartiere vorm Absaufen bewahrt haben in den achtziger und neunziger Jahren, die bösen Ausländer.

    T. Albert

    7. April 2008 at 11:08

  6. „Ich wüsste nicht, dass es denen leichter gemacht würde.“

    Bei Türken und Arabern weiß ich es nicht. Was aber zumindest EU-Ausländer betrifft, so können diese in Deutschland wohl Handwerksbetriebe auch ohne Meisterbrief eröffnen, weil es solch absurde Anforderungen in ihren Heimatländern ja nicht gibt und man das demnach auch nicht verlangen kann.
    Das freut mich auch für die, weil ich prinzipiell dagegen bin, Chancengleichheit herzustellen indem man irgendwem Chancen nimmt. Aber eventuelle Behauptungen der Unabdingbarkeit des Meisterbriefes „aus Gründen der Qualitätssicherung im Interesse der Verbaucher“ wird dadurch endgültig ad absurdum geführt. Es geht um die Verteidigung von Pfründen, so weit es eben geht. Um nichts mehr.

    David

    7. April 2008 at 11:22

  7. Ja, es geht um Pfründe. Seh ich auch so. Aber: deren Verteidigung ist doch nicht genuin staatliche Sache, sondern die der ganzen Berufsverbände und Standesorganisatioinen, in denen wiederum die Pfründe einiger verteidigt werden. Darum bin ich in keinem Verband mehr drin, dafür nehme ich in Kauf, an manche Aufträge nicht mehr ranzukommen, nicht mal mehr an machen Bewerbungsverfahren teilnehmen zu können.
    Es geht ja mittlerweile so weit, dass z. B. Architekturstudenten an Wettbewerben nicht mehr teilnehmen können, weil sie Architekturstudenten sind, dass Bewrbungsverfahren sich auf sogenannte Effizienz ausrichten, d. h., es ist völlig wurscht, ob jemand ein guter Gestalter ist, es zählt die Büroausstattung. Es gibt Hochschullehrer und Verbandshäuptlinge, die Schülern solchen Stuss erzählen, dass man ohne regelrechtes Studium kein Künstler sein kann, womit die Absurdität sich selbst beweist, was man mit klarem Verstande bemerken kann. Zumal dann, wenn man historisch einigermassen Bescheid weiss.

    Meisterbriefe: ich kannte früher Leute, die irgendwie einen Meister einstellten, wenn sie ihr Geschäft eröffneten. Wir haben als Studenten einen diplomierten Architekten eingestellt, den wir dann Chef spielen liessen.
    Macht man sowas nicht mehr?

    T. Albert

    7. April 2008 at 11:56

  8. Mit den Details bin ich da jetzt auch nicht vertraut, aber sowas wird im Prinzip immernoch gehen. Man muß den Meister aber auch bezahlen können, und das wird wohl schwer, wenn die Auftragslage mal mau ist.

    David

    7. April 2008 at 12:13

  9. „Aber: deren Verteidigung ist doch nicht genuin staatliche Sache“

    Nein, selbstverständlich nicht. Aber die entscheidenden Hebel liegen beim Staat. Davor hat Gott natürlich die Lobbyarbeit gesetzt.

    David

    7. April 2008 at 12:15

  10. @“Und die “Nischen” – Gemüseläden, Änderungsschneidereien, Imbisse, Gastronomie – werden ja häufig von “Immigranten” und deren Nachkommen besetzt, und das wäre schon mal interessant zu gucken, wie das kommt, ob die also eher bereit sind, zunächst mal Abstriche zu machen, meine ich. Aber auch, wer da “vorfinanziert”. “ — Wer da vorfinanziert ist die Community (Verwandte bis zum 4. Anverwandtschaftsgrad leihen Geld, üblicherweise bar auf die Kralle, und manchmal fließt sogar Geld aus der Heimat, um diejenigen zu unterstützen, die es in den Westen geschafft haben, und bei Kurdens ist öfter auch die Partei beteiligt. Und häufig arbeiten Familienangehörige erstmal für lau mit.

    che2001

    7. April 2008 at 14:18


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