shifting reality

Es gibt kein richtiges Lesen im valschen!

Die subjektive Wissenschaft

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Objektive Wissenschaft gibt es nicht. Schon das physikalische Theorem von Schrödingers Katze, das quantenphysikalische Erkenntnisse vom Standpunkt des Betrachters abhängig macht zeigt dies eindrucksvoll. Umso mehr gilt dies für Geschichts- und Gesellschaftswissenschaften, wo außer der subjektiven Wahrnehmung als Solcher noch der weltanschauliche Standpunkt eine Rolle spielt. Als Wissenschaftshistoriker und Wissenschaftskritiker habe ich mich oftmals damit auseinandergesetzt, z.B. bezüglich sozialdarwinistischer Annahmen in der Biologie, Humangenetik, Medizingeschichte, Geschichtsforschung, Ethnologie und Anthropologie. Kürzlich aber stieß ich auf zwei bis heute höchst wirkungsmächtige Irrtümer. Einmal in der Ur-und Frühgeschichte, einmal in der Ethologie bzw. Tierverhaltensforschung. Ziemlich beeindruckend, wie hier Betrachterperspektive und Empirie auseinanderklaffen.

1) Ur- und Frühgeschichte: Bis heute taucht in Museumskatalogen, Geschichtsbüchern usw. regelmäßig die Behauptung auf, spezifisch für die Germanen wären große Langhäuser (Hallenhäuser) gewesen, die als Pfostenhäuser mit einem gemeinsamen Dach über Stallungen, Lagerräumen und Wohnbereich erbaut wurden. Die Außenwände (der Begriff „Wand“ kommt von „winden“) hätten aus miteinander verwundenen Weidenruten bestanden, die dann mit Lehm beworfen wurden. Im Gegensatz dazu hätten Kelten in überdachten Wohngruben (bzw. genauer gesagt Häusern mit über einem Keller errichteten Spitzdach und extrem niedrigen Wänden unter dem Dach), runden oder quadratischen Hütten aus Bruchsteinen mit Strohdach und Slawen in Blockhütten oder den keltischen ähnlichen, aber einfacheren Grubenhäusern mit nur 4-6 Pfosten gewohnt.

Nun, alle diese Hausformen existierten tatsächlich. Aber das Langhaus verbreitete sich seit der Jungsteinzeit in Europa und war schon von den Angehörigen der vorindogermanischen Donaukultur gebaut worden. Kelten wie Germanen wie Slawen errichteten weiterhin solche Häuser, aber eben nicht nur. Eine spezifisch keltische Hausform gab es gar nicht. Hallenhäuser, nun aber aus Balkenfachwerk errichtet, sollten in nachantiker Zeit zum Standardtyp des niederdeutschen Bauernhauses werden.

Die deutsche Ur-und Frühgeschichte, Siedlungsgeschichte und Ostforschung behauptete aber seit Kaisers Zeiten und besonders im NS das Langhaus als typisch germanische Hausform, um in Osteuropa nachzuweisen, dass in bestimmten Regionen Germanen gelebt hätten, um daraus Gebietsansprüche abzuleiten. Hausformen, Keramikformen oder Gürtelschnallen wurden als „artgemäß“ einer als biologische Abstammungsgemeinschaft, als „Volkskörper“ begriffenen germanischen Prä-Nation begriffen, nicht als Anpassungsform an eine Landschaft oder Wirtschaftsweise. Diese völkische Denke existiert heute nicht mehr, immer noch aber die aus ihr gezogenen falschen Schlussfolgerungen.

2) Verhaltensforschung: Es gibt keine Alpha-, Beta, und Omegawölfe. Das Wolfsrudel ist weitgehend hierachiefrei. Die angebliche Rangordnung der Wolfsrudel kam dadurch zustande, dass in Freigehegen miteinander nichtverwandte Wölfe in nach Wolfsmaßstäben drangvoller Enge zusammengebracht wurden. Dadurch entwickelten sich Konkurrenz- und Dominanzverhaltensweisen, die es in freier Wildbahn nicht gibt, die von den Verhaltensforschern aber allen Wölfen angehängt wurden. Es ist so, als ob man aus den beobachteten Verhaltensmustern von Gefängnisinsassen Rückschlüsse auf Menschen an sich ableiten würde.

Zwei äußerst beeindruckende Irrtümer, finde ich.

Written by chezweitausendeins

1. März 2009 um 23:51

136 Antworten

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  1. Dass sich in der populären Darstellung wissenschaftlich längst überholte Annahmen zäh halten, ist leider nichts Neues.

    „Bis heute taucht in Museumskatalogen, Geschichtsbüchern usw. regelmäßig die Behauptung auf, spezifisch für die Germanen wären große Langhäuser (Hallenhäuser) gewesen,“
    Dass es keine spezifisch keltische Hausform gab, steht schon im Rudolfs Pörtners fast 50 Jahre alten Sachbuch „Bevor die Römer kamen“. Ich vermute, Gleichsetzung germanisch = Langhaus oder Rundlingsdorf = slawisch sind dem Wunsch nach Übersichtlichkeit und einfachen Merksätzen geschuldet. In der Archäologie ist man ja inzwischen so weit, dass z. B. die Funde von Schmiedewerkzeugen, die der La Tene-Kultur zugeordnet werden können, nicht mehr automatisch zum Urteil „das waren Kelten“ führt. (Da lernen Archäologen IMO von den Althistorikern.) Leider werden immer wieder vereinfachte Annahmen in die Welt gesetzt, ich denke da an Prof. Udolph, der anhand von Gewässernamen die „Urheimat der Germanen“ lokalisiert haben will. (Er hat eine Region identifiziert, in der möglicherweise die germanische Lautverschiebung stattfand.)

    Auch bei den „Alphawölfen“ liegt es IMO an ausserwisschenschaftlichen Gründen, weshalb sich dieses schon seit über 40 Jahren überholte Modell so hartnäckig wie lange Zeit der hohe Eisengehalt von Spinat hält.

    MartinM

    2. März 2009 at 7:43

  2. @“Ich vermute, Gleichsetzung germanisch = Langhaus oder Rundlingsdorf = slawisch sind dem Wunsch nach Übersichtlichkeit und einfachen Merksätzen geschuldet.“ —- Also im Ursprung diente dies der deutschen Ostforschung und Ur- und Frühgeschichte zur Ableitung deutscher Territorialansprüche in Osteuropa. Der Eroberungskrieg im Osten wurde auf diese Weise schon in den 1920ern in den Geschichtswissenschaften geistig vorbereitet. Und über das SS-Ahnenerbe nochmals stark radikalisiert, flossen dieses Vorstellungen nach dem zweiten Weltkrieg abermals in die Literatur ein. Führende Forscher im NS, die teils selbst die schwarze Uniform trugen lehrten ja nach dem Krieg weiter.

    chezweitausendeins

    2. März 2009 at 10:03

  3. Nun, die wenigsten dieser „Schachtel-Klischees“ in der Archäologie lassen sich auf politische Absichten zurückführen. Weder das „typisch keltische“ Grubenhaus noch das „typisch slawische“ Rundlingsdorf wurden jemals für machtpolitische Zwecke instrumentalisiert. Ich vermute deshalb, dass die ersten Altertumsforscher, die die Hypothese aufstellten, Langhäuser seinen Kennzeichen einer germanischer Bevölkerung, das (noch) ohne Hintergedanken taten.
    Es ist auch sicher nicht auf Archäologen wie Herbert Jankuhn (Musterbeispiel eines für das SS-Ahnenerbe arbeitenden Archäologen, der nach dem Krieg als wäre nichts gewesen, Universitätskarriere machte) zurückzuführen, dass sich das „typisch germanische Langhaus“ in der Populärwisenschaft hielt: es war ausgerechnet Jankuhn, der in der Siedlungsarchäologie mit der ethnische Interpretation archäologischer Kulturgruppen, die ja typisch für die deutsche „Ostforschung“ vor 1945 war, brach.

    MartinM

    2. März 2009 at 23:31

  4. Genau Jankuhn meinte ich zum Beispiel, aber das ahntest Du wohl eh. Der argumentierte aber auch von einem völkischen Hintergrund ausgehend der viel weiter gespannt ist, vgl. etwa Kossina. Ist ein weites Feld, das ich gerade beackere.

    @
    Weder das “typisch keltische” Grubenhaus noch das “typisch slawische” Rundlingsdorf wurden jemals für machtpolitische Zwecke instrumentalisiert.“ — nee, nur das angeblich germanische Hallenhaus. Aber da forschen wir noch. Es wird also auch neue Erkenntnisse geben.

    Finde übrigens toll, dass Du diesen Komplex überhaupt kennst, ist selten, echt.

    chezweitausendeins

    2. März 2009 at 23:54

  5. Lieber Che2001,

    ich habe dazu zwei Fragen:

    1. Sie schreiben „Das Rudel ist weitgehend hierarchiefrei“. Können Sie bitte sagen, auf welche publizierte Untersuchung Sie diese Aussage stützen?

    Meines Wissens gibt es sehr wohl eine sogar sehr ausgeprägte Hierarchie: Die beiden Wölfe des Elternpaars sind dominant. Die Nachkommen sind „subordinate wolves“. (Es liegt nahe, zu vermuten, daß das Verhalten von Hunden gegenüber ihrem Herrchen dieser Hierarchie entstammt; es repräsentiert für sie die Eltern).

    Es stimmt, daß es im Rudel keine Rangkämpfe gibt, wie sie in Gefangenschaft zu beobachten sind. Dort werden oft Wölfe zusammen gehalten, die gar kein Rudel bilden, dh die nicht aus einem Elternpaar und seinen Nachkommen bestehen. Das ist aber eine andere Frage als die der Existenz einer Hierarchie.

    2) Sie haben Recht, daß man aus dem Verhalten dieser Wölfe in Gefangenschaft eine Zeitlang den falschen Schluß gezogen hat, solche Rangkämpfe kämen auch in freier Wildbahn vor. Nur wüßte ich gern, was das mit „subjektiver“ Wissenschaft zu tun hat oder damit, daß „hier Betrachterperspektive und Empirie auseinanderklaffen“.

    Aus meiner Sicht sind solche Korrekturen etwas völlig Normales, das nachgerade im Wesen empirischer Forschung liegt: Man untersucht einen Sachverhalt unter bestimmten Bedingungen (in vitro, Gefangenhaltung von Tieren) und stellt dann fest, daß sich die Daten nicht vollständig verallgemeinern lassen (dh auf in vivo, freie Wildbahn übertragen lassen).

    Ich habe in meinem zweiten Semester im Physiologie-Praktikum das Verhalten von Muskeln am Nerv-Muskel-Präparat (eines Froschs) untersucht. Schon damals hat uns der Oberassistent erklärt, daß sich ein Muskel natürlich in vivo ganz anders verhält, als wir es gemessen haben; zB in der Regel nicht zuckt, sondern sich allmählich kontrahiert.

    Herzlich, Zettel

    Zettel

    11. März 2009 at 5:26

  6. @“Können Sie bitte sagen, auf welche publizierte Untersuchung Sie diese Aussage stützen?“ —- Auf eine Ausstellung zum Thema Wölfe, die zurzeit im Naturhistorischen Museum in Braunschweig gezeigt wird und die ich besuchte, als ich in Braunschweig war.

    @“Nur wüßte ich gern, was das mit “subjektiver” Wissenschaft zu tun hat oder damit, daß “hier Betrachterperspektive und Empirie auseinanderklaffen”.“

    Nun, das andere Beispiel mit angeblichen Haustypen der Germanen, Kelten und Slaven macht es vielleicht greifbarer. Die materielle Kultur von Vökern, die sich selbst gar nicht als Völker betrachteten, weil es einen Volks- und Nationenbegriff zu der eit und in der Region noch gar nicht gab, wird nicht als Umweltanpassung, nicht als Zweckmäßigkeit und nicht als durch kulturelle Austausch und/oder Tradition bedingt betrachtet, sondern als an einen als biologische Abstammungsgemeinschaft begriffenen „Volkskörper“ gebunden. Eine sozialdarwinistische und auch noch untrennbar mit deutschen Großmachtinteressen verbundene Sichtweise wurde hier zum Topos der kulturhistorischen Forschung erhoben. Und derlei Dinge begegnen mir in der Wissenschaftsgeschichte permanent, ich würde sie eher schon als Regel denn als Ausnahme betrachten.

    Schöne Grüße

    che2001

    che2001

    11. März 2009 at 18:26

  7. „Nun, das andere Beispiel mit angeblichen Haustypen der Germanen, Kelten und Slaven macht es vielleicht greifbarer.“

    Von den Kelten verstehe ich nichts. Ich hatte Sie ja aber, lieber Che2001, um Erläuterungen zu Ihrem Beispiel mit den Wölfen gebeten. Weil mir scheint, daß Sie als Geisteswissenschaflter da etwas über eine Naturwissenschaft geschrieben hatten, das so nicht stimmt.

    Wir haben ja über dieses Thema schon einmal ausführlich diskutiert. Meines Erachtens wird die subjektive Komponente in der naturwissenschaftlichen Forschung von vielen, die selbst keine Naturwissenschaftler sind, sehr überschätzt.

    Oder noch etwas pointierter gesagt: Es liegt ein schlichtes Mißverständnis vor.

    Natürlich werden wissenschafltiche Hypothesen von der jeweiligen Kultur beeinflußt; irgendwo muß man seine Ideen ja herkriegen. Descartes‘ Modell des Menschen in De l’Homme war zum Beispiel von der Funktionweise zeitgenössischer Automaten inspiriert.

    Aber ob sich etwas als richtig oder falsch erweist, hat damit nichts zu tun. Es ist der Unterschied zwischen Heuristik und Verifikation.

    Herzlich, Zettel

    Zettel

    12. März 2009 at 3:38

  8. Nun, lieber Zettel, das, was in der Ausstellung gesagt wurde, nämlich, dass die Hierarchie mit Alpha- Beta- und bis runter zu Omega-Wölfen in der Natur nicht vorkommt, sondern dass das Rudel ein Familienverband ist, in dem die Elterntiere eine natürliche Autorität besitzen, das wurde in der Ausstellung so dargestellt. Auch, dass die falsche Hierarchisierung ein wissenschaftlicher Mythos sei, der auf die unzulässige Übertragung von Beobachtungen an Tieren im Freigehege auf die freie Wildbahn zurückgeht. Und dieser Tatbestand einschließlich der daran hängenden wissenschaftstheoretischen Problematik wurde mir so auch von einem befreundeten Biologen bestätigt.

    Und in der Anthropologie ist ja mit dem verhängnisvollen Konstrukt der Menschenrassen über lange Jahrzehnte ein Schindluder getrieben worden, dass ganz direkter Ausfluss politischer Interessenklagen und ihrer Projektion auf das biologische Menschenbil war.

    Schöne Grüße

    che2001

    che2001

    12. März 2009 at 19:09

  9. Lieber Che2001,

    daß es wissenschaftliche Mythen gibt und daß diese manchmal darauf basieren, daß bestimmte Beobachtungen zu Unrecht verallgemeinert werden, bestreite ich gewiß nicht. Denken Sie nur daran, daß Spinat angeblich für Kleinkinder gesund sein soll. 😉

    Die Frage ist nur, ob das mehr ist als halt das errare humanum est. Sie sehen, glaube ich, Ideologie dahinter, falsches Bewußtsein. Ich kann das nicht sehen, sondern nur Irrtum.

    Wenn man so will, ist das Besondere an der (richtig betriebenen) Wissenschaft, daß sie zwar genauso irrt wie wir alle immer, daß sie aber ein unübertreffliches Instrumentarium besitzt, um Irrtümer zu entlarven.

    Herzlich, Zettel

    PS: Mein Firefox kann Ihre Kommentarseite nicht richtig darstellen; da driftet und überlagert sich alles. Ich kann Ihnen nur antworten, weil ich Ihre Antworten auch per mail kriege.

    Falls Sie Lust haben – wie wäre es, die Diskussion in Zettels kleinem Zimmer fortzusetzen?

    Nein, ich schlage das nicht vor, weil ich dort Traffic brauche, Im Augenblick brummt der Laden sorgar mit ungefähr 4000 Zugriffen am Tag.

    Aber ich habe andererseits schon ein egoistisches Interesse: Ich würde gern Diskussionen mit intelligenten Gesprächspartnern, die sehr anderer Meinung sind als ich, a bisserl pushen.

    Z.

    Zettel

    13. März 2009 at 1:37

  10. Tja, der Holocaust war also errare humanum est, weil eine bestimmte Richtung der Anthropologie meinte, Menschen in höhere und niedere Rassen aufteilen zu können. Auch SS-Ahnenerbe verstand sich als Wissenschaft und war in den gewonnenen Forschungsergebnissen bis in die 60er Jahre prägend für die deutsche Ur- und Frühgeschichte.

    Vielleicht melde ich mich demnächst mal in Zettels kleinem Zimmer, sobald ich ein paar Dinge erledigt habe, die mir jetzt auch den Nägeln brennen.

    Schöne Grüße

    che2001

    che2001

    14. März 2009 at 11:51

  11. Also, Che, das war jetzt so weit unterhalb deines Niveaus, dass die eigentliche Aussage irgendetwas anderes gewesen sein muss.

    Selbstverständlich bezieht sich Zettel nicht auf absurde Theorien, die ihre mangelnde wissenschaftliche Fundierung mit Hilfe einer staatlichen Macht überkompensieren können, die sich auf eine verwandte bzw. identische Ideologie beruft, sondern auf die viel häufigeren Vorkommnisse falscher Hypothesen innerhalb der wissenschaftlichen Debatte.

    Rayson

    14. März 2009 at 19:47

  12. „Tja, der Holocaust war also errare humanum est, weil eine bestimmte Richtung der Anthropologie meinte, Menschen in höhere und niedere Rassen aufteilen zu können. Auch SS-Ahnenerbe verstand sich als Wissenschaft und war in den gewonnenen Forschungsergebnissen bis in die 60er Jahre prägend für die deutsche Ur- und Frühgeschichte.“

    Wenn Sie meinen, lieber Che, daß der Holocaust Errare Humanum Est war, dann bin ich zwar fassungslos, aber es ist Ihre Sache. Mir werden Sie ja wohl eine solche Ungeheuerlichkeit nicht unterstellen.

    Ich sehe nicht die Spur eines Zusammenhangs mit dem, was ich geschrieben habe: Daß auch die Naturwissenschaften keineswegs sicher vor Irrtümern sind, daß sie aber so funktionieren, daß Irrtümer in der Regel entdeckt werden.

    Daß der Holcaust auf einer „bestimmten Richtung der Anthropologie“ basierte, ist ebenfalls schlicht falsch. Er basierte auf einem Antisemitismus, der seine Wurzeln überwiegend in Osteuropa hatte, von wo er nach Wien gelangte; dort hat Hitler ihn kennengelernt. Teilweise lagen die Wurzeln auch in diversen Strönmungen der völkischen Ideologie in Deutschland. Das ist ja alles gründlich erforscht.

    Daß es einzelne Anthropologen gab, die sich korrumpieren ließen (nachdem die Nazis an der Macht waren, nicht als ihre Vorläufer), ist wahr. Es war kein bedeutender darunter, kein international anerkannter, sondern Leute wie Otmar Verschuer und H.F.K. Günther.

    So ist das halt. Einzelner Wissenschaftler haben sich immer korrmupieren lassen, von Lyssenko bis dem Atomspion Fuchs, auch er ein Wissenschaftler.

    Mit der Methodik der Naturwissenschaften hat das exakt nichts zu tun.

    Herzlich, Zettel

    Zettel

    15. März 2009 at 0:43

  13. Lieber Zettel, natürlich meine ich nicht Sie, Gott bewahre!

    Eugen Fischer und Fritz Lenz gehörten zu den bedeutendsten Anthropologen ihrer Zeit. Fischer bezeichnete am 29. Juli 1933 die NS-Machtübernahme als wissenschaftlich notwendige „Erb- und Rassenpflege des Staates“. Fritz Lenz bezeichnete sich als den „eigentlichen Begründer der NS-Weltanschauung“. Hitlers Antisemitismus entstand, wie Sie seh richtig schreiben, in seiner Wiener Zeit. Die hierarchisch gegliederte Rassentheorie eignete er sich aber erst durch die Lektüre des damaligen Standardwerks „Menschliche Erblichkeitslehre und Rassenhygiene“ des „BaurFischerLenz“ an.

    Die Vernichtung der Behinderten war schon 1920 von Binding und Hoche in dem Buch „Die Freigabe der Tötung lebensunwerten Lebens, ihr Maß und ihre Form.“ gefordert worden und ebenso wie die Zwangssterilisierung, die ganzen 20er Jahren hindurch Teil des Fachdiskurses in den Medizin- und Biowissenschaften in Deutschland.

    @Rayson, was Du als unterhalb meines Niveuas bezeichnest, ist Gegenstand meiner Forschungen.

    Kurz mal ein paar Literaturhinweise zu der Thematik:

    Aly, Götz, Ebbinghaus, Angelika, Aussonderung und Tod. Die klinische Hinrichtung der Unbrauchbaren, Berlin 1984

    Aly, Roth et al, Reform und Gewissen, „Euthanasie“ im Dienst des Fortschritts, Berlin 1985,

    Müller-Hill, Benno, Tödliche Wissenschaft. Die Aussonderung von Juden, Zigeunern und Geisteskranken, Reinbek 1984,

    Kattmann, Ulrich, Seidler, Horst, Rassenkunde und Rassenhygiene. Ein Weg in den Nationalsozialismus, Praxis Geschichte, Oldenburg/Bremen 1989

    AG gegen Rassenkunde, Deine Knochen – Deine Wirklichkeit, Hamburg 1998

    Katja Geisenhainer, Rasse ist Schicksal. Otto Reche (1879 – 1966). Ein Leben als Anthropologe und Völkerkundler, Leipzig 2002

    che2001

    15. März 2009 at 19:15

  14. Lieber Che2001,

    interessante Informationen.

    „Die hierarchisch gegliederte Rassentheorie eignete er sich aber erst durch die Lektüre des damaligen Standardwerks „Menschliche Erblichkeitslehre und Rassenhygiene“ des „BaurFischerLenz“ an. “

    Das war mir nicht bekannt, obwohl ich mich mal a bisserl mit der Entstehung von Hitlers Antisemitismus befaßt habe. Wo kann man das nachlesen?

    Lassen Sie mich aber noch einmal kurz zum Ausgangspunkt dieser Diskussion kommen: Was hat der Antisemitismus damit zu tun, daß man das Verhalten von Wölfen in Gefangenschaft fälschlich auf das Verhalten in freier Wildbahn extrapoliert hat?

    Es ist, lieber Che, diese Art, Dinge miteinander in Zusammenhang zu bringen, die nichts miteinander zu tun habe, die mir die Diskussion mit Ihnen oft nicht ganz leicht macht; wie auch mit MomoRulez, der mich zum „Neuen Rechten“ erklärt hat, weil ich irgendeiner Meinung war, die sich – meinte er – auch bei Neuen Rechten findet.

    Mir kommt das sehr ideologisch vor. Es gehört zum ideologischen Denken, das empirisch ganz Separate sub specie höherer Einsicht irgendwie zusammenzustricken. Ich bin mehr dafür, es so getrennt zu halten, wie es nun einmal ist.

    Herzlich, Zettel

    Zettel

    16. März 2009 at 14:21

  15. Die Quelle für Hitlers Lektüre des BaurFischerLenz in Landsberg am Lech findet sich, so meine ich, bei Müller-Hill, ich kann das aber noch einmal nachschlagen. Der Zusammenhang zwischen Wolfsrudel, Schrödingers Katze, germanischen Hausformen und NS-Rassenhygiene ist der, dass in allen diesen Fällen vorgefasste Meinungen in die Objekte der Beobachtung hineinprojiziert werden und daraus Wahrnehmungen entstehen, die mit dem Gegenstand selber nichts mehr zu tun haben. Ob dies aufgrund falscher Versuchsanordnungen, subjektiver Selbsttäuschungen, überlieferter Denktraditionen oder politischer Ideologie heraus geschieht ist eine von Fall zu Fall unterschiedliche Frage. Es erscheint mir aber wichtig, dass so etwas sehr häufig geschieht. Ich nenne es das Territorium mit der Landkarte verwechseln. Und mich damit zu befassen, war lange Zeit mein Brot als Wissenschaftshistoriker. Das hat nichts mit Ideologie zu tun, sondern im Gegenteil mit der Kritik ideologischer Muster in der Wissenschaft. Die deutsche Ur- und Frühgeschichte ist zum Beispiel bis in die Siebziger Jahre von Topoi ausgegangen, die aus dem SS-Ahnenerbe stammten. Und hinsichtlich projizierter und ideologischer Wahrnehmungsmuster in der Humanbiologie unterhalten Sie sich doch mal mit Ihren Kollegen Holger Preuschoft, Ulrich Kattmann und Ludger Wess, die meine Sicht dieser Komplexe nicht unwesentlich geprägt haben.

    Nichts für ungut und mit schönen Grüßen

    che2001

    che2001

    16. März 2009 at 15:26

  16. Lieber Che,

    ich habe mich auch mal a bisserl mit Wissenschaftsgeschichte befaßt. Mein überhaupt erster publizierter Artikel war in diesem Bereich. 😉 Aber lassen wir das so stehen.

    „Der Zusammenhang zwischen Wolfsrudel, Schrödingers Katze, germanischen Hausformen und NS-Rassenhygiene ist der, dass in allen diesen Fällem vorgefasste Meinungen in die Objekte der Beobachtung hineinprojiziert werden und daraus Wahrnehmungen entstehen, die mit dem Gegenstand selber nichts mehr zu tun haben. Ob dies aufgrund falscher Versuchsanordnungen, subjektiver Selbsttäuschungen, überlieferter Denktraditionen oder politischer Ideologie heraus geschieht ist eine von Fall zu Fall unterschiedliche Frage.“

    Da bin ich fundamental anderer Auffassung. Der Forschungsprozeß besteht immer darin, daß man mit „vorgefaßten Meinungen“ beginnt und sie im Licht der Erfahrung modifiziert.

    Diese Meinungen können aus ganz unterschiedlichen Quellen stammen. Sehen Sie sich die naturwissenschaftlichen Theorien der Vorsokratier an; besonders von Empedokles, von Demokrit. Da stand die Alltagserfahrung Pate. Bei Aristoteles war das schon viel abstrakter.

    Aber vor allem bei wissenschaftlichen Umbrüchen spielt das, was Sie „vorgefaßte Meinungen“ nennen, immer wieder eine wichtige Rolle. Bei Galilei und Descartes zB die Mechanik ihrer Zeit, bei Leibniz der sehr barocke Gedanke einer Hierarchie vom Kleinsten bis zum Größten, bei Darwin die liberale Gesellschaft.

    Das ist nichts Falsches, nichts zu Kritisierendes. Es ist die Art, wie unser Denken funktioniert. Nur ist eben die Besonderheit der empirischen Wissenschaften, daß sich solche Modelle bewähren oder als falsch erweisen können.

    Die Geschichte der Wissenschaften ist eine Geschichte von Irrtümern; nur daß diese in ihrem Verlauf immer kleiner werden. 😉

    Das gilt freilich nur für die freie Forschung. In einer Diktatur, vor allem einer ideologisch geprägten, sind Irrtümer oft nicht zu korrigieren. Oder nur sehr langsam, wie im Fall Lyssenko.

    Herzlich, Zettel

    PS: Was meinen Sie mit „falschen Versuchsanordnungen“?

    Zettel

    17. März 2009 at 0:29

  17. Das Thema „falsche Versuchsanordnungen, lieber Zettel, ist mannigfaltig und komplex, ich nehme also ein paar Beispiele pars pro toto. Hinsichtlich der Wölfe ist das ja klar: Man leitete aus der Beobachtung von Tieren im Freigehege deren Verhalten in freier Wildbahn ab. Ähnliches gilt zum Beispiel auch für die Gottesanbeterin. Bis heute geistert durch die Biobücher, das Weibchen töte das Männchen nach der Begattung und fresse es auf. Tatsächlich passiert das in freier Natur nur selten. Man hatte die Tiere, bei denen dieses Verhalten beobachtet wurde, in engen Behältern gehalten, die es ihnen nicht ermöglichten, sich voneinander zu entfernen, und dann die Beobachtungen verallgemeinert.

    In Richtung echten Betruges gingen die angeblichen experimentellen Nachweise des Welle-Teilchen-Dualismus durch Emil Rupp

    http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/1544/der_falsche_spiegel.html

    ebenso wie die Zwillingsforschungen Sir Cyril Burts, die angeblich die Heredität von Intelligenz bewiesen, aber offensichtlich zumindest teilweise an Probanden durchgeführt wurden, die nie gelebt haben oder deren Daten erfunden wurden, nachdem ein Brand das ursprüngliche Untersuchungsmaterial vernichtet hatte.

    Noch ein spektakuläres Beispiel aus der Experimentalarchäologie: Thor Heyerdahl überquerte den Atlantik mit dem nach ägyptischem Vorbild gebauten Papyrusschiff „Ra“, um den Nachweis anzutreten, dass die alten Ägypter in der Lage gewesen wären, den Atlantik zu überwinden, was dann erklären würde, wieso es in Amerika Pyramiden gibt. Die Ägypter haben ihre Papyrusschiffe aber auf dem Nil eingesetzt, für die Seeschiffahrt hatten sie weitaus robustere Schiffe aus Holz.Heyerdahl verwendete deswegen ein Papyrusschiff, weil auf dem Tititcacasee bis heute Binsenboote im Einsatz sind, die altägyptischen Papyrusbooten stark ähneln. Historiker gehen hier von Konvergenz aus: form follows function (so wie Haie, Thunfische, Ichthyosaurier und Delfine ähnliche Körperformen besitzen/besaßen, ohne verwandt zu sein), und städtebauende Hochkulturen in der Übergangsphase von der Jungsteinzeit zur Bronzezeit haben sehr häufig Religionen und gesellschaftliche Hierarchien, die den Pyramidenbau irgendwie nahelegen. Der in der Geschichtswissenschaft umherdilettierende Abenteurer Heyerdahl leitete aus äußerer Ähnlichkeit hingegen Herkunft ab.

    Nirgendwo finden sich mehr Beispiele von Projektionen, Übertragung sozialer Vorurteile auf beobachtete Gruppen, Selbstbespiegelung und Selbstüberhöhung im Betrachten des Fremden und sogar offenem Betrug und ideologischer Ausschlachtung wie gerade in der Ethnologie und Anthropologie. Gibt zwei schöne kurze Bücher, die das sehr gut behandeln und schnell auf den Punkt bringen: „Entzauberter Blick. Das Bild vom guten Wilden“ von Karl Heinz Kohl und „Der falsch vermessene Mensch“ von Stephen Jay Gould.

    chezweitausendeins

    21. März 2009 at 17:08

  18. @“Da bin ich fundamental anderer Auffassung. Der Forschungsprozeß besteht immer darin, daß man mit “vorgefaßten Meinungen” beginnt und sie im Licht der Erfahrung modifiziert.

    Diese Meinungen können aus ganz unterschiedlichen Quellen stammen. Sehen Sie sich die naturwissenschaftlichen Theorien der Vorsokratiker an; besonders von Empedokles, von Demokrit. Da stand die Alltagserfahrung Pate. Bei Aristoteles war das schon viel abstrakter.“ —- Das ist dann ein anderes Thema. Natürlich ist Wissenschaftsgeschichte immer auch Irrtumsgeschichte, und ebenso natürlich ist Wissenschaft ein ständiger Wachstumsprozess. Hinsichtlich dieser Einschätzung von Wissenschaftstheorie sui generis haben wir also keinen Widerspruch – ich denke nur, dass Wissenschaft sehr häufig politisch-ideologischen oder vorurteilsbedingten Grundlagen folgt, die außerhalb der Empirie liegen.

    Herzliche Grüße,

    Che

    chezweitausendeins

    21. März 2009 at 23:18

  19. „Natürlich ist Wissenschaftsgeschichte immer auch
    Irrtumsgeschichte, und ebenso natürlich ist Wissenschaft ein ständiger
    Wachstumsprozess. Hinsichtlich dieser Einschätzung von
    Wissenschaftstheorie sui generis haben wir also keinen Widerspruch – ich
    denke nur, dass Wissenschaft sehr häufig politisch-ideologischen oder
    vorurteilsbedingten Grundlagen folgt, die außerhalb der Empirie liegen.“

    Die Anregungen für Modellvorstellungen liegen in gewisser Weise immer „außerhalb der Empirie“, nämlich der Erfahrung in dem betreffenden Bereich. Es sind Analogien; es sind sicherlich auch manchmal Modelle, die einen gesellschaftlichen Ursprung haben.

    Demokrit stellte sich die visuelle Warhnehmung so vor, daß sich kleine Bildchen – Eidoloa – von den Gegenständen lösen, zum Auge fliegen und auf dessen weicher Oberfläche ihren Abdruck hinterlassen. Platon favorisierte die vermutlich aus Ägypten stammende Sehstrahl-Theorie, wonach das Auge einen Strahl aussendet, mit dem es den Gegenstand abtastet, wie ein Blinder mit seinem Stock. Linné stellte sich die Natur hierarchisch geordnet vor wie einen Feudalstaat, Darwin dem Kampf ums Dasein wie den freien Wettbewerb auf dem Markt. Man braucht solche Bilder, solange man einen Funktionszusammenhang noch nicht durchschaut.

    Das ist alles legitim, lieber Che. Wenn solche Modelle sich als falsch erweisen, dann werden sie aufgrund neuer Daten modizifiert oder durch andere ersetzt.

    Ideologisch wird es erst dann, wenn man die Augen vor der Erfahrung verschließt, weil diese der eigenen Ideologie widerspricht.

    Die Intelligenzforschung ist in der Tat ein Beispiel. Aber nicht, weil Sir Cyril Burt Daten gefälscht hätte – kennen Sie dafür einen einzigen Beweis? -, sondern weil der genetische Anteil an der Intelligenz von linken Ideologen entgegen allen Daten immer noch geleugnet oder zu gering angesetzt wird.

    Weil, wie bei Palmström, nicht sein kann, was nicht sein darf:

    Nur wenn die Unterschiede zwischen Menschen nicht genetisch bedingt wären, könnte man den Menschen so erziehen, wie man ihn erziehen müßte, damit der Sozialismus funktionieren könnte.

    Da man den Sozialismus möchte, leugnet man einfach, daß Persönlichkeitsmerkmale (auf einigen Dimensionen, vor allem Neurotizismus und Introversion-Extraversion) und Intelligenz einen erheblichen (rund fünfzig Prozent) genetischen Varianzanteil haben. Der Anteil des „Shared Environment“ ist deutlich niedriger; der Rest ist unaufgeklärte Varianz.

    Da wird also wirklich die Wissenschaft ideologisch behindert; ein anderes Beispiel ist die Klimaforschung. Aber das sind doch Ausnahmen.

    Herzlich, Zettel

    Zettel

    23. März 2009 at 0:36

  20. Also Stephen Jay Gould als Zeugen aufzurufen hat schon was. Ausgerechnet dieser unredliche Typ, der in seinen Büchern zu gern zu den Strohmännern gegriffen hat und auch gerne Theorien attackiert hat, die schon 20 oder 30 Jahre aus der Mode waren, aber dem Leser den Eindruck vermittelte es sei der Mainstream.

    Klaus

    23. März 2009 at 10:38

  21. Nur wenn die Unterschiede zwischen Menschen nicht genetisch bedingt wären, könnte man den Menschen so erziehen, wie man ihn erziehen müßte, damit der Sozialismus funktionieren könnte.

    Da man den Sozialismus möchte, leugnet man einfach, daß Persönlichkeitsmerkmale (auf einigen Dimensionen, vor allem Neurotizismus und Introversion-Extraversion) und Intelligenz einen erheblichen (rund fünfzig Prozent) genetischen Varianzanteil haben. Der Anteil des “Shared Environment” ist deutlich niedriger; der Rest ist unaufgeklärte Varianz.

    Da wird also wirklich die Wissenschaft ideologisch behindert; ein anderes Beispiel ist die Klimaforschung. Aber das sind doch Ausnahmen.“

    Oh ha.
    Fangen wir mal damit an, dasss ich wirklich nicht weiss, was „Neurotizismus“ und „Introversion-Extraversion“ sind. Wenn mich jemand schlauer macht freue ich mich, wenn nicht ist aber auch nicht so schlimm. Scheint was Psychologisches zu sein.

    Die „wenn ein Zwilling weint hat der andere sich das Knie gestossen“-Theorie war doch schon vor 15 Jahren widerlegt, oder? dazu gab es zu viele Zwillinge, die noch nie unter zwillingsbedingtem Ausschlag gelitten hatten.

    Menschen sind unterschiedlich. Und das ist auch gut so! Denn sonst würden alle Leute so sein wie mein unausstehlicher Nachbar.
    Das hat was mit Biographie zu tun, aber auch mit Genetik im weitesten Sinne. Obwohl es zwar kein „Musik-Gen“ zu geben scheint hat Musikalität etwas mit Gehör zu tun, und das ist zwar auch eine Trainingsfrage (wer immer nur Tekkno hört hat mit Mozart so seine Schwierigkeiten und umgekehrt), ist aber andererseits auch anatomisch bedingt.

    Anfang des 20. JH wurden Einwanderer aus Europa bei der Einwanderung in die USA einem Intelligenztest unterzogen. Da malten diese dämlichen Italiener auf Häuser doch glatt und durch die Bank ein Kreuz statt eines Schornsteines! Tja, bei näherer Betrachtung stellte sich raus, dass die Süditaliener Häuser mit Spitzdach statt Flachdach nut als Kirchen kannten und Schornsteine bei ihnen daheim fast unbekannt waren. Die Deutschen waren viiieel schlauer als die Italiener- die malten Schornsteine.

    Mal ganz dumm gefragt: was wäre eigentlich so schlimm daran, wenn einige Menschen Intelligenzbestien wären und andere doof wie Brote? Ändert nix an der Tatssache, dass sie alle gleich an Würde sind, an Rechten auf Teilhabe und Geastaltung ihres Lebens. Oder?

    Abgesehen davon ist Intelligenz ein wahnisnnig komplexes Thema und die Fachleute scheinen sich nicht mal einigen zu könne, was das genau ist. Bevor man sich über die Vererbbarkeit streitet sollte man sich erst mal einigen was genau „Intelligenz“ sein soll.

    Niemand bestreitet eine gentische Komponente (zumindest niemand den ich kenne). Aber die noch so tolle genetische „Pool-Position“ nutzt dir nichts, wenn du den ganzen Tag vor’m Fernseher liegst und dein Gehirn weichspülst. Und auch „durchschnittliche“ Startpositionen können durch Nutzen der eigenen Fähigkeiten, Training und Glück überdurchschnittliche Ergebnisse bringen.

    Anderes Gebiet: ich habe eine extrem schwache Rückemuskulatur. Das ist doof und ungerecht, aber durch systematisches Training und „Blut, Schweiss und Tränen“ hatte ich jahrelang einen extrem muskulösen Rücken. Dann habe ich ein bisschen geschlumpft mit dem Training und jetzt ist es durchschnittlich. Ich muss dringend wieder mehr tun, sonst bekomme ich Rückenprobleme, die sich die meisten Menschen nicht vorstellen können.
    Was will ich damit sagen? dass es egal ist, wie man ein Ziel erreicht, einigen macht es mehr Arbeit, anderen fällt es leichter, aber am Ende zählt dás Ergebnis.
    Und das eine hohe Intelligenz dich auch nicht zum menschen erster Klasse macht.

    cassandrammviii

    23. März 2009 at 16:42

  22. oh, hab ich vergessen:

    Ideologie behindert Wissenschaft bei der KLimaforschung?

    Koönnte mir bitte jemand diesen satz erklären? Mal abgesehen von irgendwelchen Experten, die GWB ausgegraben hat und die belegten, dass das alles Mumpitz ist, waren sich doch alle einig was Klimawandel ist und wodurch er verursacht wird und was man tun könnte um ihn aufzuhalten.
    Ich würd ja eher sagen: Ideologie und der Innere Schweinehund behindern die Umsetzung von allgemein anerkannten Erkenntnissen der relevanten Wissenschaften.

    cassandrammviii

    23. März 2009 at 16:46

  23. @“Nur wenn die Unterschiede zwischen Menschen nicht genetisch bedingt wären, könnte man den Menschen so erziehen, wie man ihn erziehen müßte, damit der Sozialismus funktionieren könnte.

    Da man den Sozialismus möchte, leugnet man einfach, daß Persönlichkeitsmerkmale (auf einigen Dimensionen, vor allem Neurotizismus und Introversion-Extraversion) und Intelligenz einen erheblichen (rund fünfzig Prozent) genetischen Varianzanteil haben. Der Anteil des “Shared Environment” ist deutlich niedriger; der Rest ist unaufgeklärte Varianz.“ —- Das sehe ich deutlich anders, abgesehen davon, dass dieser Bereich tatsächlich hochgradig ideologisiert ist. Aus meiner Sichtweise allerdings hauptsächlich von rechts her. Bevor ich darauf näher eingehe, mal ein paar grundsätzliche Überlegungen zum Thema Intelligenz. Ich bin ein ausgesprochener Gegner der Vorstellung einer objektiven Messbarkeit von Intelligenz und des IQ-Systems. Erstens ist Intelligenz viel zu komplex, um mit multiple-choice-Tests wirklich erfasst zu werden, und dann wirken da eben die von Cassandra erwähnte kulturellen Vorurteile. Die Skalensätze der typischen Intelligenzmessverfahren unjd noch mehr die der in der Psychologie verwendeten Persönlichkeitsinventare sind im Übrigen in ihrem Menschenbild zutiefst sexistisch. Da werden ja Homosexualität oder extreme Intro- und Extraversion oder Sadomasochismus als „Devianz“, als Abweichung von einer angenommenen biologischen Durchschnittsnorm angesehen. Das sind Vorstellungen vom So-Sein des Menschen, die ich an sich als hochgradig menschenverachtend und persönliche Autonomie negierend ansehe.

    Was nun die Erblichkeit von Intelligenz angeht, ist der Diskussionsstand, den ich kenne (ich habe da vor so etwa 10 Jahren im Rahmen eines interdisziplinären Projektes mit Anthropologen, Psychologen und Pädagogen drüber diskutiert) der, dass der Mensch bei seiner Geburt eine tabula rasa ist und im Zuge künftiger Lernprozesse sich diverse Fähigkeiten aneignet. Dabei lässt sich gar nicht genau sagen, was dabei im Einzelnen Umweltprägung bzw. Lernen ist und inwieweit sich angeborene Begabungen entfalten. Das bleibt letztlich Glaubenssache, entscheidend ist aber, ob z.B. ein Kind Förderung erfährt oder nicht.

    Ansonsten gilt bei Zwillingsstudien, dass die Erblichkeitsabschätzung immer populationsabhängig ist (genau da, nämlich Plomin & Petrill, 1997), da der relative Varianzanteil immer sowohl vom Ausmaß der genetischen Variation als auch vom Ausmaß der Umweltvariation abhängt. Daher wird der Anteil der genetisch bedingten Varianz in einer Population mit einer relativ homogenen Umwelt automatisch höher und umgekehrt in einer Population mit ausgeprägten Umweltunterschieden entsprechend niedriger. Daraus ergibt sich bereits intrakulturell, dass verlässliche Aussagen hinsichtlich des Beitrags von Anlage und Umwelt aus den Zwillingsstudien nur dann gewonnen werden können, wenn die Umweltvariation bei getrennt aufgewachsenen eineiigen Zwillingen genau so hoch ist wie bei gemeinsam aufgewachsenen (vgl. Stoolmiller, 1999).

    Ich halte also teilweise die Voraussetzungen der angewandten Intelligenztests schon für falsch, teilweise ihre Interpretierbarkeit für eine problematische und ambivalente Sache. Übrigens ergaben die Tests aller hier genannten Autoren, dass der Erblichkeitsfaktor mit dem Alter steigt. Das läuft dann auf die Schlussfolgerung hinaus, dass ab einem bestimmten Alter die Lernfähigkeit oder Lernwilligkeit nicht mehr gegeben ist oder das Leben in so eingefahrenen Bahnen erfolgt, dass die geistige Auseinandersetzung mit Neuem nachlässt. Das genetische Programm würde dann sozusagen nach und nach eine Ersatzfunktion für mangelnde Lernfähigkeit übernehmen. Im Endstadium, bei völliger Alterssenilität, bleibt in diesem Modell ein Instinkt- und Erinnerungs-gesteuerter Mensch übrig.

    @“Die Intelligenzforschung ist in der Tat ein Beispiel. Aber nicht, weil Sir Cyril Burt Daten gefälscht hätte – kennen Sie dafür einen einzigen Beweis? -, sondern weil der genetische Anteil an der Intelligenz von linken Ideologen entgegen allen Daten immer noch geleugnet oder zu gering angesetzt wird.“ —-

    Dieser Komplex ist ein Beispiel für einen der erfolgreichsten Propagandacoups der Neuen Rechten.

    Burt hatte anhand von IQ-Korrelationen mit Übereinstimmungen bis zur dritten Dezimalstelle an dreiundfünfzig (mehr als doppelt so viel wie bei jedem anderen Versuch) Zwillingspaaren, die angeblich seit der Geburt voneinander getrennt gelebt hatten angeblich den schlagenden Beweis für die Erblichkeit von Intelligenz gefunden. Nach Burts Tod stellte dann Leon Kamin von der Princeton-University fest, dass Burt die Anzahl untersuchter Zwillingspaare im Lauf der Zeit von zwanzig auf dreiundfünfzig gesteigert hatte und stellte die Vermutung auf, dass 33 Zwillingspaare frei erfunden waren. 1976 stellte dann Oliver Gillie, der Medizinredakteur der Sunday Times die These auf, dass die beiden Mitarbeiterinnen, die Burts Daten verifiziert hatten ebenfalls untergeschoben wurden und nie für Burt gearbeitet hatten. Dieser Punkt konnte allerdings niemals zweifelsfrei geklärt werden.

    (Crucial Data Was Faked by Eminent Psychologist. In: London Sunday Times. London, 24. Oktober 1976)

    Nun war es so, dass Burts Labor im Zweiten Weltkrieg einem Luftangriff der eutschen zum Opfer gefallen und ausgebrannt war. Kamin zufolge hatte er nach dem Verlust eines Teils einer Daten diese in einem Zustand tiefster Verzweiflung, wenn nicht beginnender Depression sozusagen kreativ nachgeliefert. Burt war bereits schon einmal aufgefallen, als er sich selber als den Begründer von Spearmans Faktorenanalyse bezeichnete, bis Spearman das richtigstellte und Burt in einem geradezu masochistischen Tonfall Spearman bat, einen entsprechenden Text von Burt zu korrigieren.

    Propagiert wurde die Annahme, Burt habe die Erblichkeit von Intelligenz geliefert aber vor allem durch Arthur Jensen, der in den 70er Jahren zum Autorenkreis der Zeitschrift „Neue Anthropologie“ gehörte, die von dem Neonazi-Multifunktionär Jürgen Rieger herausgegeben wird und in der auch Leute wie Hans Eysenck, Irenäus Eibl-Eibesfeldt Seite an Seite mit Neonazis oder Neuen Rechten wie Pierre Kebs, Helmut Schröcke und Robert Hepp publizierten. Und damit dürfte die Richtung klar sein, in der sich dieser Diskurs bewegte: Die behauptete biologische Beweisbakeit der Ungleichheit des Menschen als neurechte Diskursstrategie. Jensen hatte ja schon während der Rassenunruhen mit der geringeren Intelligenz der Schwarzen argumentiert, und es würde mich nicht wundern, wenn er auf der Gehaltsliste von COINTELPRO gestanden hätte.

    http://www.heise.de/tp/r4/artikel/19/19115/1.html

    Ich kann mich ja noch deutlich daran erinnern, wie da in den siebziger Jahren diskutiert wurde: Scharenweise erklärten aufgescheuchte Lehrer und vor allem Lehramtsreferendare, die rotgelbe Reformpädagogik, die von ihnen selber eben noch mit Begeisterung gefeiert wurde, sei zum Scheitern verurteilt. Man führte bequem sogar „bewiesene Intelligenzunterschiede“ als Erklärung dafür an, wieso man selber mit der Klasse nicht klarkam 😉

    Und CDU-Kulturpolitiker argumentierten ganz ungeniert mit den Ergebnissen der Zwillingsforschung und daher biologisch bedingter sozialer Ungleichheit („Chancengerechtigkeit statt Chancengleichheit“) für die Schließung von Gesamtschulen und Integrationskindergärten.

    Ganz platt war das Niveau dann in der Presse. Ich meine, es war der „Stern“, der „Ein Zwilling weint selten allein“ titelte und mit Berufung auf Jensen behauptete, eineiige Zwillinge hätten nicht nur gleiche Intelligenz, sondern auch ein ähnliches Schicksal: Bräche sich ein Zwilling, der in England lebt einen Arm, bräche sich der andere in Australien lebende Zwilling innerhalb der nächsten Monate ein Bein. Dieser Unfug war damals sehr sehr populär.

    chezweitausendeins

    23. März 2009 at 18:31

  24. @“Also Stephen Jay Gould als Zeugen aufzurufen hat schon was. Ausgerechnet dieser unredliche Typ, der in seinen Büchern zu gern zu den Strohmännern gegriffen hat“ —- Sorry, ich kenne den hauptsächlich als Evolutionsbiologen, der den Mythos eines Fortschritts in der Evolution angegriffen hat. Unredliches ist mir da nicht aufgefallen. Und „Der falsch vermessene Mensch“ ist hinsichtlich populärwissenschaftlicher Bücher zum Thema Positivismuskritik in den Humanwissenschaften schlicht ein Standardwerk.

    chezweitausendeins

    23. März 2009 at 18:45

  25. Mehrere Biologen haben mir unabhängig voneinander erklärt: JEDER fälscht mal Daten.

    Die Frage ist doch, was man mit dem Ergebnis (so es denn stimmt) der vererblichen Intelligenz dann tut. Ob man sagt, „eh egal, doof bleibt doof, was soll’s“ oder ob man sich bemüht zu fördern.

    Genetik ist immer eine einfache Antwort wenn irgendwas nicht klappt- wer kann schon was gegen „die gene“ machen?
    Es gibt ein Gen für Sucht, für bestimmte Arten Krebs etc. Das ist einfach. Das diese genetische Kombination zwar das Risiko erhöht ist unbestritten. Was aber durchaus umstritten ist ist die Frage, mit welcher Zwangsläufigkeit das Ganze ausbricht.
    Ich sehe in dieser Diskussion ein hohes Mass an biologischem Determinismus. Und das halte ich für gefährlich. Denn (hier kann man jetzt über ideologische Färbnung streiten) halte ich es für ziemlichen Unsinn, sich in sein „genetisches Schicksal“ zu fügen.

    Ausserdem scheint mir der Trainigsfaktor zu kurz zu kommen. Auch ein anatomisch gutes Gehör muss trainiert werden. Auch wessen Proportionen einen guten Langstreckenläufer hergeben würde muss sich abrackern.

    Wir reden hier übrigens von relativ einfachen körperlichen Gegebenheiten, die dennoch bereits polygenetisch sind. Und nu‘ stelle sich das bitte jeder der möchte mit etwas an sich schon Komplexen wie der „Intelligenz“ vor.

    Und die grosse Masse dürfte eh der Gauß’schen Normalverteilung folgen.

    cassandrammviii

    23. März 2009 at 19:30

  26. “ … die Wissenschaft ideologisch behindert; ein anderes Beispiel ist die Klimaforschung.“
    Völlig richtig, Herr Zettel!
    „Spiegel Online“ berichtet immer wieder über Klagen ganzer Bataillone von Wissenschaftlern darüber, wie Regierungen, hauptsächlich aber die Bush-Regierung und China aus ideologischen Gründen das Publizieren von Ergebnissen der Klimaforschung unterdrücken, auch hinsichtlich der zu erwartenden Folgen der Klimaveränderung.
    Wie Sie hier mutig gegen Staatseingriffe in die Wissenschaftsfreiheit auftreten, ist aller Wissenschaftsehren wert!

    http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,476040,00.html
    _______________________________

    Nicht ganz verständlich hingegen ist mir diese Bemerkung:
    „Linné stellte sich die Natur hierarchisch geordnet vor wie einen Feudalstaat, Darwin dem Kampf ums Dasein wie den freien Wettbewerb auf dem Markt.“

    Welchen „Darwin“ meinen Sie? Offenbar handelt es sich um einen hinsichtlich seiner genetischen Ausstattung mit Denkfähigkeit stark benachteiligten Namensvetter des bekannten Charles Darwin.
    Der nämlich hatte mit Survival of the fittest nicht das Überleben der Stärkeren, sondern der am besten Angepaßten gemeint.
    Oder haben Sie gar Ch. Darwin mit Spencer (alles Kranke und Schwache merzt sich per Zuchtwahl selbst aus) oder mit dem Biologen Ernst Haeckel (deutscher Nationalstaat als darwinistisches Projekt) verwechselt?
    _______________________________

    Was nun die ewige Debatte ums Angeborene und/oder Erlernte betrifft, so sagen Sie, dass „der genetische Anteil an der Intelligenz von linken Ideologen (…) immer noch geleugnet oder zu gering angesetzt wird.“

    Nein und abermals nein, Herr Zettel, denn ich jedenfalls will fürderhin nicht mehr leugnen noch gar zu gering ansetzen! Ich will ansetzen im rechten Maße, in ausreichender Höhe, im gebotenem Umfang. Ich schwöre ab und setze an!

    Wie gut, dass Sie den richtigen Umfang auch gleich quantifizierend mitliefern (keine Schädelmessung könnte überzeugender sein), zuvor jedoch noch eine interessante volkserzieherische Thematik anschneiden:

    „Nur wenn die Unterschiede zwischen Menschen nicht genetisch bedingt wären, könnte man den Menschen so erziehen, wie man ihn erziehen müßte, damit der Sozialismus funktionieren könnte,“ was nebenher die Frage aufwirft, wie man den Menschen erziehen müßte, damit der Kapitalismus funktionieren könnte, wenn man denn eine 100-Billionen-Pleite als Nichtfunktionieren bezeichnen möchte.

    Nun aber – endlich! – die Zahl:

    „Da man den Sozialismus möchte, leugnet man, daß Persönlichkeitsmerkmale (…) einen erheblichen (rund fünfzig Prozent) genetischen Varianzanteil haben.“

    Das heißt: Satte 50 Prozent sind nicht genetisch bedingt! Das ist ein Wort. Denn als Stalinist und Polpotianer komme ich hinsichtlich unserer geplanten Umerziehungslager und der ihnen zugrundeliegenden Gulag-Pädagogik (die, wie Sie sich denken können, keine „Kuschelpädagogik“ ist) famos zurecht, wenn ich nunmehr aus Ihrem berufenen Fachmunde eine hälftige Beeinflussungsmöglichkeit im bolschewistischen Sinne bestätigt erhalte.

    Mit freundlichen Hämmern und Sicheln!
    Swooosh – Ihr Nörgler

    noergler

    23. März 2009 at 20:03

  27. *Prust* – Danke Che, in deiner Antwort steckt alles drin, wahrscheinlich unfreiwilligerweise

    Klaus

    23. März 2009 at 20:05

  28. Die Umgebung von Nick Bostrom, der annimmt, wir lebten in einer Matrix- oder Welt-Am-Draht-Simulation, ist, Oxford hin oder her, nicht die unbedingt vertrauenswürdigste Referenzadresse.

    chezweitausendeins

    23. März 2009 at 21:51

  29. Versucht nicht ernsthaft, mit Zettel zu diskutieren. Seine Verstandesschwäche ist nämlich angeboren, da hilft alles nichts, auch kein Arno Schmidt.

    Im Gegensatz dazu ist der rational und jovial klingende, tatsächlich aber nur bürgerliche Vernünftelei transportierende, „Zettel-Stil“ schlechterdings angelernt.

    Urfaust

    23. März 2009 at 21:56

  30. Liebe Leute, das geht alles am Kern vorbei:

    Dieses Gejammere, dass irgendwelche Linken alles und jeden gehirnwaschen wollen ist Ideologie pur. Mal nicht von Links, aber ich habe mir versuchern lassen dass das vorkommen kann.

    „Die verschweigen uns die Wahrheit weil sie die Lüge brauchen!“ isz Verschwörungstheorie pur.
    Ich seh‘ es vor mir: da treffen sich dann Karl Marx, Angela Merkel, Al Gore und Wolfgang Lucht auf ’nen Kaffee und haben danach den Master-Plan zur Weltherrschaftserringung.

    Es steht ja nicht mal fest, was Intelligenz ist, wie kann da feststehen, wie sie zustande kommt?
    Das was wir als Merkmale der Intelligenz wahrnehmen ist hochgradig geprägt. Und das wird (wahrscheinlich) auch immer so sein.

    cassandrammviii

    24. März 2009 at 6:27

  31. 50 Prozent! 50 Prozent, Cassandra, lass uns jetzt die 50 Prozent nicht zerreden!

    noergler

    24. März 2009 at 8:05

  32. Lieber Che,

    aus Ihrem langen und interessanten Beitrag greife ich eine Passage heraus, weil sie viel enthält, das ich gern kommentieren möchte:

    „Bevor ich darauf näher eingehe, mal ein paar grundsätzliche Überlegungen zum Thema Intelligenz. Ich bin ein ausgesprochener Gegner der Vorstellung einer objektiven Messbarkeit von Intelligenz und des IQ-Systems.“

    Darüber gibt es ja eine ausgedehnte Debatte seit unfähr einem Jahrhundert (die ersten Intelligenztests waren der von Binet und der Army Alpha, der eine vor dem, der andere im Ersten Weltkrieg entwickelt).

    Die entscheidende Frage ist, ob es einen g-Faktor gibt, dh ob die mentalen Fähigkeiten (abilities), die man mit den einzelnen Tests mißt, miteinander korrelieren.

    Täten sie es nicht – wäre also, sagen wir, der Wortschatz statistisch unabhängig von der Gedächtnisspanne und diese von der Fähigkeit, Analogien zu erfassen -, dann hätte das Konstrukt „Intelligenz“ keine empirische Basis. Dann sollte man nur von einzelnen Fähigkeiten oder Begabungen sprechen.

    Seit Spearman weiß man aber, daß es den g-Faktor gibt. Die Leistungen in allen Untertests korrelieren, wenn auch nicht immer sehr hoch. Deshalb ist die vernünftigste Definition von „Intelligenz“ aus meiner Sicht: Intelligenz ist diejenige Grundfähigkeit, aufgrund deren die verschiedenen Begabungen miteinander korrelieren.

    „Erstens ist Intelligenz viel zu komplex, um mit multiple-choice-Tests wirklich erfasst zu werden,“

    Das stimmt. Deshalb wird Multiple Choice auch in Intelligenztests selten eingesetzt. Beim HAWIE, dem in Deutschland immer noch am meisten verwendeten Intelligenztests, fällt mir kein einziger Untertest ein, der mit Multiple Choice arbeiten würde.

    „und dann wirken da eben die von Cassandra erwähnte kulturellen Vorurteile.“

    Das verstehe ich nicht. Gewiß sind die meisten Intelligenztests nicht culture free (einige sind es, wie zum Beispiel der Raven-Test). Aber das hat nichts mit Vorurteilen zu tun. Es liegt schlicht daran, daß man Probanden nur Aufgaben stellen kann, die ihrem kulturellen Verständnis angemessen sind. Einen deutschen Probanden kann ich im Wortschatztest nicht nach chinesischen Vokabeln fragen.

    „Die Skalensätze der typischen Intelligenzmessverfahren unjd noch mehr die der in der Psychologie verwendeten Persönlichkeitsinventare sind im Übrigen in ihrem Menschenbild zutiefst sexistisch.“

    Bleiben wir zunächst bei Intelligenztests. Was meinen Sie mit „Skalensätze“, liebe Che? Untertests? Welche Untertests welcher Intelligenztests sind nach Ihrer Meinung sexistisch? Ich kenne keinen einzigen. Neben dem HAWIE wird in Deutschland hauptsächlich der IST eingesetzt – wo ist da etwas sexistisch? Ich bin da wirklich ratlos, was Sie meinen.

    Und welche Persönlichkeitstests haben Sie im Auge? Der nach wie vor umfangreichste und am meisten verwendete ist der MMPI – wo ist da etwas sexistisch?

    “ Da werden ja Homosexualität oder extreme Intro- und Extraversion oder Sadomasochismus als “Devianz”, als Abweichung von einer angenommenen biologischen Durchschnittsnorm angesehen. “

    Das ist ein Irrtum. Der Begriff der Devianz kommt in keinem – und in Zusammenhang mit keinem – Persönlichkeitstest vor; jedenfalls keinem, das ich kenne, um das korrekt einzuschränken. 😉

    Möglicherweise meinen Sie die Skala 5 des MMPI „masculinity/femininity“? Es ist in der Tat etwas verwirrend, daß die Skalen des MMPI „klinische Skalen“ genannt werden, aber das liegt daran, daß er ursprünglich zur psychiatrischen Diagnostik entwickelt wurde, bevor man erkannte, daß er sich auch als Persönlichkeitstets für klinisch unauffällige Probanden eignet. Die Skala 5 mißt genau das, was sie besagt, und keineswegs „Devianz“. Oder meinen sie andere Tests, welche?

    „Das sind Vorstellungen vom So-Sein des Menschen, die ich an sich als hochgradig menschenverachtend und persönliche Autonomie negierend ansehe.“

    Das kann ich nicht erkennen, lieber Che. Was ist an Intelligenz-, an Persönlichkeitstests menschenverachtend? Sie helfen zur Diagnose als Voraussetzung für eine Therapie; sie helfen zur Beurteilung von Menschen, und tun das objektiver und damit weniger „menschenverachtend“, als wenn man diese zB dem Bauchgefühl eines Personalchefs oder gar einem Graphologen überließe.

    Herzlich, Zettel

    PS: Was Cyril Burt angeht – es gab Vermutungen und Anschuldigungen, ja. Keine einzige ist belegt. Einige (wie daß er Research Assistants erfunden hätte) sind durch deren Auftauchen widerlegt.

    Die Korrelation von ungefähr .73 zwischen der Intelligenz getrennt aufgewachsener eineiiger Zwillinge ist übrigens durch die moderne Zwillingsforschung überraschend genau bestätigt worden.

    Zettel

    24. März 2009 at 11:51

  33. Ganz kurz nur, ich bin gerade in a hurry: Die Anwendung dews MMPI Saarbrücken wurde von einem Psychologen, auf dessen Urteilsvermögen ich große Stücke halte, als kriminell bezeichnet, und der Hamburg-Wechsler-Test ist geradezu ein Paradebeispiel für die Anwendung projizierter sozialer Vorurteile bei der Beurteilung von Menschen. Ich kann mal näher begründen warum, mais pardonnez-moi, ich werde dazu ein Weilchen brauchen.

    che2001

    24. März 2009 at 12:02

  34. Lieber Nörgler, ich wollte mich ja eigentlich nicht mehr mit dir streiten, aber:
    Woher kommen denn diese 50%?
    Und wie machen die sich fest?

    Von mir aus behalt sie (und sei es nur um des Argumentes willen). Ich zerred‘ sie dir nicht, versprochen.

    Die grosse Frage ist doch nicht mit was man startet, sondern was man draus macht.

    cassandrammviii

    24. März 2009 at 15:20

  35. Liebe Cassandra,
    da liegt ein Mißverständnis vor.
    In meinem Kommentar 23 Mär 09, 20:03, den Du offenbar nicht gelesen hast, verlieh ich meiner Begeisterung über Zettel Ausdruck, der in der Klimafrage wohl so was wie zurückweichende Gletscher für ideologische Propagandaschleudern des Linksextremismus hält.

    Danach erläuterte Zettel, dass der Sozialismus nicht funktioniert, weil „50 %“ des Menschen genetisch festgelegt seien.
    Ich nun wieder habe unter Anwendung der leninistischen Dialektik und der Mao Tse Tung-Ideen entsprechend der Parteilinie mich auf die anderen nicht festgelegten 50% gestürzt. Daher auch mein Flehen, jetzt die mit Zettel konsenten 50 % nicht infrage zu stellen.

    noergler

    24. März 2009 at 15:54

  36. Lieber Nörgler,
    wieso musst du eigentlich immer stänkern?

    ich habe in diesen Textmassen wiederholt die 50% Behauptung gefunden, aber nichts, worauf sie aufbaut. Ist aber durchaus möglich, dass ich was überlesen habe- Frauen haben halt das geringere Gehirngewicht 🙂

    Kann mir bitte irgendjemand erklären, wie man die Ausgangsintelligenzbasis feststellen möchte um sie dann in Realtion zu „später“ zu setzen?
    Vor aller Prägung wäre dann ja deutlich pränatal, oder? Ich sehe da methodische Schwierigkeiten.

    Und wieso funktioniert der Sozialismus nicht wenn 50% Intelligenz genetisch sind? Ist die Menschheit dann zu blöd oder zu schlau dafür?
    Die Vorstellung, das es nach unten so was wie eine genetische Bremse gibt gefällt mir übrigens- tröstlich, dass es irgendwann nicht mehr schlimmer kommen kann. Wenn auch wahrscheinlich unrealsitisch.

    cassandrammviii

    24. März 2009 at 18:54

  37. PS: eigentlich sind 50% beeinflussbar doch klasse und völlig ausreichend. das ist immerhin die Hälfte.

    cassandrammviii

    24. März 2009 at 18:56

  38. Zum Thema Klimawandel: nachdem auch GWB wirklich versprochen hat ernsthaft darüber nachzudenken ob es einen Klimawandel geben könnte und wenn das so sei auch zu überlegen, ob Menschen darin eine Rolle spielen und wenn ja welche das sei habe ich durchaus Hoffnung für Zettel.

    cassandrammviii

    24. März 2009 at 18:59

  39. Der stänkert nicht, der nörgelt, ist sein Wesen 😉

    Die Annahme, der Sozialismus funktioniere nicht, wenn 50% genetisch sind macht nur dann Sinn, wenn davon ausgegangen wird, dass die genetisch bedingten Unterschiede nicht einfach unterschiedliche Begabungen und Neigungen darstellen, sondern eklatante Gefälle in der Gesamtintelligenz und man die wiederum für soziale Schichtunterschiede verantwortlich macht.

    chezweitausendeins

    24. März 2009 at 19:02

  40. dann muss ich jetzt mal fragen wie dann vor Diesem Hintergrund (der übrigens auch Ideologie ist) dann die parlamentarische Demokratie funktionieren soll.
    Denn wenn die Intelligenz die soziale Stellung nicht nur beeinflusst, sondern bedingt, dann frage ich mich, wie man um Himmels Willen dann jedem zu wählen erlauben kann.

    cassandrammviii

    24. März 2009 at 19:09

  41. Dass der Wähler – jeder Wähler – mündig sei, ist das, was man eine fictio juris nennt: eine systemnotwendige Unterstellung, in der etwas de jure so ist, was de facto nicht so ist, worauf es aber nicht ankommt und gar nicht ankommen darf. Weitere fictiones sind die warenkundliche Kompetenz der Käufer, und das Dogma, dass Verträge stets zwischen Gleichen geschlossen werden.

    „Eigentlich sind 50% beeinflussbar doch klasse und völlig ausreichend. das ist immerhin die Hälfte.“ Genau das, Cassandra, sagte ich doch. Ich leide jetzt auch ein wenig, da ein Mißverständnis im Raum zu stehen scheint, das ich nicht aufklären kann, da ich seine Natur nicht erkenne. Ich sehe nicht, womit ich Dich geärgert haben könnte, wirklich nicht.

    noergler

    24. März 2009 at 21:53

  42. Mit Persönlichkeitsinventaren habe ich meine eigenen Efahrungen. In sehr jungen Jahren litt ich unter einer Zwangsneurose und durchlief eine Psychotherapie, in deren Rahmen ich zwei Persönlichkeitsinventare, den HPI und den MMPI ausfüllte. Beide ergaben, dass ich depressiv sei und bei mir eine Verschiebung wichtiger Persönlichkeitsmerkmale in den „weiblichen Bereich“ vorliegen würde. Gemeint war damit, dass mir Emotionen und Ideale wichtiger waren als Karriere und Statussymbole, dass ich mich eher über meine Beziehungen zu anderen Menschen definierte als über Leistung, dass ich eher passiv als zupackend war usw. Abgesehen vom depressiven Element wären diese Punkte, wäre ich eine Frau gewesen, kaum als störend betrachtet worden; es wurde hier also eine „Abweichung“ vom männlichen Rollenbild pathologisiert.

    Na, Leute, die mich deutlich später kennenlernten, stuften mich eher als Macho ein, die Therapie scheint also Erfolg gehabt zu haben;-)

    Aufgrund dieser meiner Erfahrungen und dem Erleben, wie ganz extreme Erlebnisse einen Menschen sogar partiell umprogrammieren können (Gehirnwäsche, Selbsterfahrungs- und Therapierlebnisse unter LSD-Einfluss, Nahtod-Erfahrung) zweifle ich grundsätzlich am Bestand feststehender Charaktereigenschaften, aber das wäre jetzt ein anderes Thema.

    Eine solche Wertung wie oben beschrieben scheint mir zumindest einem Teil der Persönlichkeitsinventare immanent zu sein. So schreibt die Anthropologin Kerrin Christiansen: „Die Testuntersuchung und Auswertung des BEM Sex Role Inventary sind trotz des fehlenden Manuals objektiv durchzuführen, wenn man sich an die knappen, aber ausreichenden Hinweise hält. … Das biologische Geschlecht als logisches Kriterium der Validität zeigte erwartungsgemäße, signifikante Korrelationen mit den Werten auf der Maskulinitäts- bzw. Feminitätsskala. Interessant ist der Zusammenhang von BSRI-Werten und einem positiven Selbstkonzept. Feminin typisierte Frauen und Männer schreiben sich ein signifikant weniger positives Selbstkonzept zu…“ .

    Für Christiansen schlägt „Herzlichkeit“ zum weiblichen und „Selbstkritik“ zum männlichen Pol ihrer biologisch determinierten Skala aus. Wenn das nicht sexistisch ist, weiß ich nicht, was Sexismus denn sonst bedeuten soll. Abgesehen mal vom hier vertretenen Objektivitätsbegriff.

    Im Übrigen meinten Vertreter der Psychologie, mit denen ich über dieses Thema diskutiert hatte, die Persönlichkeitsinventare seien das Mittel der letzten Wahl, etwa bei unkooperativen oder sprachlich nicht ausdrucksfähigen Patienten, würden aber von Gutachtern sehr geschätzt, weil sich mit ihnen recht billig arbeiten lässt, so verglichen mit klientenzentrierten Methoden, Psychoanalyse oder Verhaltenstherapie.

    Hinsichtlich der Intelligenztests greife ich auf Wikipedia zurück, wobei meine eigene Kritik sich zwischen Adorno, Bourdieu und Gould bewegt.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Kritik_am_Intelligenzbegriff

    http://de.wikipedia.org/wiki/The_Mismeasure_of_Man

    http://www.nzz.ch/2006/11/11/li/articleEN2QA.html

    Wenn man dann auch noch weiß, dass z.B. Eugenik bis hin zur Forderung der massenhaften Sterilisierung von psychisch Kranken, „Rassenkunde“ und „Zigeuner- und Asozialenforschung“ einmal anerkannte Wissenschaft waren und noch 1997 der Kriminologe Fritz Sack die 1996er Ausgabe der „Vergleichenden Biologie des Menschen“ von Rainer Knußmann in bestimmten Passagen als „irreführend, wissenschaftlich unvertretbar und politisch verantwortungslos“ bezeichnete (es ging hier um angebliche erbliche Anlagen zum Verbrechen, Gewaltbereitschaft von Männern mit zwei Y-Chromosomen und biologische Grundlagen von Homosexualität und in der 1980er-Ausgabe dieses Lehrbuchs noch davon die Rede war, dass Kinder skandinavischer Abstammung in Tests eine bessere Raumorientierung erzielten als solche jüdischer Herkunft, die dafür im abstrakten Denken besser seien und korreliert das dann mit Murrays und Herrnsteins Bell Curve, so ergibt das ein gewisses G´schmäckle. Was ja auch innerhalb der Anthropologie, ich hatte oben ja Wess, Seidler, Kattmann und Preuschoft erwähnt, seit Langem ausgiebig kritisiert wird.

    chezweitausendeins

    24. März 2009 at 22:42

  43. @ Noergler

    „Danach erläuterte Zettel, dass der Sozialismus nicht funktioniert, weil “50 %” des Menschen genetisch festgelegt seien.“

    Nein, das habe ich nicht geschrieben. Es ist Unsinn.

    Ich habe von der Varianz gesprochen. Und zwar nur in Bezug auf die Intelligenz.

    Ich kann es ja nicht ändern, lieber Noergler – aber die Intelligenzforschung ist ein ernsthaftes empirisches Unternehmen, durchgehend mathematisiert. Der g-Faktor wird zum Beispiel durch Faktorenanalyse ermittelt. Das, worum es hier geht, ist das Ergebnis von Varianzanalysen.

    Ích kann jetzt nicht hier einen Kurs in Varianzanalyse geben, tut mir leid. 😦

    Aber Sie können es sich ungefähr so vorstellen: Angenommen, die Intelligenz wäre allein genetisch bedingt (was sie in keiner Weise ist). Nehmen Sie jetzt eine Stichprobe von eineiigen Zwillingen. Messen Sie jeweils die Intelligenz des Partners A. Sie würden dann die Intelligenz des jeweiligen Partners B aufgrund dieses Meßwertes exakt vorhersagen können. Man drückt das so aus, daß dann 100 Prozent der Varianz durch genetische Faktoren aufgeklärt würden.

    Nehmen wir nun an, die Intelligenz wäre gar nicht genetisch determiniert (was genauso falsch ist). Dann könnten Sie aufgrund der gemessenen Intelligen des Partners A überhaupt nicht die des Partners B vorhersagen; dh sie würden nur Zufallstreffer erzielen.

    Die Aussage „50 Prozent der Varianz werden durch genetische Faktoren aufgeklärt“ besagt nun, daß Sie weder so gut sind wie im ersten Fall, noch so schlecht wie im zweiten. Man kann das eben auch quantifizieren, aber das würde jetzt zu weit führen. Wenn fünfzig Prozent der Varianz genetisch bedingt sind, dann liegen Sie, grob gesagt, mit ihrer Vorhersage im Schnitt besser, als wenn es nur dreißig Prozent wären, aber schlechter, als wenn genetische Faktoren siebzig Prozent aufklären würden.

    Ich habe jetzt auch vereinfacht, weil ich das Problem der Pseudoheredität ausgeklammert habe (eineiige Zwillinge sind auch deshalb einander ähnlich, weil sie meist in derselben Umgebung aufwachsen). Aber das berücksichtigt die Intelligenzforschung natürlich, und man kann es mit geeigneten Methoden vo Erbfaktoren trennen.

    Herzlich, Zettel

    Zettel

    25. März 2009 at 1:07

  44. Lieber Che,

    „Beide ergaben, dass ich depressiv sei und bei mir eine Verschiebung wichtiger Persönlichkeitsmerkmale in den „weiblichen Bereich“ vorliegen würde.“

    Wenn das jemand wirklich so formuliert haben sollte, dann verstand der Betreffende nichts von Persönlichkeitstests. Es gibt dort keine „Verschiebung“, weil die „Norm“ keineswegs der häufigste Fall ist, sondern einfach der Mittelwert.

    Da kaum ein Mensch auf allen Skalen den Mittelwert erreicht – wir sind ja nicht industriell verfertigt -, wäre dann ja bei jedem von uns allerlei „verschoben“. Es ist aber gar nix verschoben, sondern Menschen unterscheiden sich eben. Das ist es, was gemessen wird – Unterschiede zwischen Menschen. Deshalb heißt das betreffende Fach auch „Differenzielle Psychologie“.

    Also, da haben Sie, lieber Che, wirklich Pech gehabt, daß sie offenbar auf einen Stümper gestoßen sind.

    „Gemeint war damit, dass mir Emotionen und Ideale wichtiger waren als Karriere und Statussymbole, dass ich mich eher über meine Beziehungen zu anderen Menschen definierte als über Leistung, dass ich eher passiv als zupackend war usw. “

    Ja, das sind Items, die hoch auf dieser Skala laden (das müßte ich jetzt auch wieder erläutern, es ist ein Begriff aus der Faktorenanalyse). Es ist nun mal empirisch so, daß die betreffenden Eigenschaften bei Frauen – im Schnitt – ausgeprägter sind als bei Männern. Also gehören sie zu Recht zu dieser Skala.

    „Abgesehen vom depressiven Element wären diese Punkte, wäre ich eine Frau gewesen, kaum als störend betrachtet worden; es wurde hier also eine „Abweichung“ vom männlichen Rollenbild pathologisiert.“

    Wenn das so war, dann kann ich wieder nur sagen: Ein Stümper.

    Erstens basieren diese Skalen nicht auf einem Rollenbild, sondern sie sind empirisch begründet; die Mittelwerte und Verteilungen werden ja bei der Entwicklung eines Tests ausgiebig ermittelt. Auch das ist ein rein mathematisches Verfahren, in dem Reliabilität, Validität und Objektivität gemessen werden.

    Sie hatten auf dieser Skala Werte, die näher beim weiblichen Pol lagen als diejenigen des Schnitts männlicher Probanden, das ist alles.

    Ob Sie dabei gesund, munter und mit sich zufrieden sind oder darunter leiden, ist eine Frage, die dieser Testwert als solcher nicht beantworten kann.

    „Pathologisch“ kann so etwas sein, wenn die betreffende Person darunter leidet oder wenn es indirekt zu Leiden führt. Ebenso kann es auch überhaupt keinen pathologischen Charakter haben.

    In diesem Beispiel hätte der Therapeut also zu prüfen, ob der Wert auf der Masksulinitäts- Feminitäts- Skala in ursächlichem Zusammenhang mit der Depressivität stand. Aber wie gesagt – der Testwert als solcher besagt dazu nichts.

    Herzlich, Zettel

    Zettel

    25. März 2009 at 1:28

  45. Eine ganz kurze Zwischenfrager:
    wie viele eineiige Zwillinge, die in unterschiedlichen Umgebungen aufgewachsen sind finden sich eigentlich zu Ideen Intelligenztests ein?

    Oder, komplizierter gefragt: wie aussagekräftig ist die Datenbasis?

    Da schon seit geraumer Zeit Geschwister, also auch Zwillinge, bei Adoptionen nach Möglichkeit zusammenbleiben und das auch bei Auslandsadoptionen mittlerweile Standart zu sein scheint (zumindest bei den seriösen Ageturen), stellt sich mir die Frage mit wie vielen Datensätzen gearbeitet wurde.

    cassandrammviii

    25. März 2009 at 6:15

  46. „Na, Leute, die mich deutlich später kennenlernten, stuften mich eher als Macho ein, die Therapie scheint also Erfolg gehabt zu haben;-)“

    *Grins*
    Ich bestätige das mal. Das betraf übrigens verstärkt Männer.

    cassandrammviii

    25. März 2009 at 6:17

  47. Für Leute, die diese ganze Klimawandel-Nummer immer noch für ein Hirngespinst irgendeiner Weltverschwörung halten.

    http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,615366,00.html

    Aber irgendwie nehne ich an, dass der Spiegel Teil der Verschwörung sein muss.
    Die Regierung von Italien auch?

    cassandrammviii

    25. März 2009 at 18:07

  48. @ Noergler

    Es lohnt sich, hier mitzulesen! Zu Cassandras berechtigter Frage, die sie sich selbst (und daraufhin ich mir) stellte, nämlich: ‚wie man um Himmels Willen jedem zu wählen erlauben kann‘ schreibst Du, dass die Mündigkeit zum Wählen eine ’systemnotwendige Unterstellung‘ sei und fügst hinzu:

    >>> … ‚worauf es aber nicht ankommt und gar nicht ankommen darf.‘

    Warum denn nicht? Dürfen wir uns denn andererseits mit einer fictio juris an Fakten vorbeilügen, damit vor dem Gesetz alle ‚gleich‘ (gemacht) werden? Im Namen der (wissenschaftlichen) Wahrheit wäre mir – ich gestehe es offen (-:! – eine zunächst noch so ungerecht erscheinende, aber doch auch als richtig vermittelbare, effiziente Plutokratie des GEISTES (nicht des Geldes) lieber als die auf der Stelle tretende, bzw. durch Korruption / Lobbyismus etc. an unerträgliche Grenzen stossende Demokratie.

    Jeder zeige also seinen Quotienten oder bleibe ohne Stimme ! Ich könnte damit leben, theoretisch (-; …

    Lina

    25. März 2009 at 21:36

  49. Nörgler:
    diese Annahme mag zwar systemwichtig sein (sonst könnten wir die Entwicklung der parlamentarischen Demokratie in die Tonne treten), aber wenn man das Konstrukt der genetischen Intelligenz und entsprechend der zumindest gelegentlich unverbesserlichen Dämlichkeit anwendet steht man recht schnell vor der Wand.

    cassandrammviii

    26. März 2009 at 6:34

  50. Im Namen der (wissenschaftlichen) Wahrheit wäre mir – ich gestehe es offen (-:! – eine zunächst noch so ungerecht erscheinende, aber doch auch als richtig vermittelbare, effiziente Plutokratie des GEISTES (nicht des Geldes) lieber als die auf der Stelle tretende, bzw. durch Korruption / Lobbyismus etc. an unerträgliche Grenzen stossende Demokratie.

    Das wäre dann ein anderes System, die Annahme des mündigen Wählers also auch nicht mehr systemnotwendig.
    Dieses andere System kann einem natürlich als bloß vorgestelltes lieber sein, wie es aber tatsächlich einzurichten und aufrecht zu erhalten wäre, das ist doch das Entscheidende. Soll heißen: woher die Geistesplutokraten nehmen, wenn der Nörgler irgendwann nicht mehr da ist, und wie sie auswählen?

    David

    26. März 2009 at 9:27

  51. Och, Platon wusste schon wie. Der praktische Versuch ging als die „Zeit der 30 Tyrannen“ in die Geschichte ein.

    che2001

    26. März 2009 at 12:21

  52. Ist mir gerade noch aufgefallen:

    Jeder zeige also seinen Quotienten oder bleibe ohne Stimme ! Ich könnte damit leben, theoretisch (-;

    Durch den Smiley wolltest Du klar machen, daß Dir durchaus bewußt ist, daß der ‚Quotient‘ zwar alles mögliche, nur ganz sicher nicht ‚Geist‘ (wie in „Geistesplutokrat“) mißt, oder? Bitte sag „ja“…

    David

    26. März 2009 at 13:09

  53. Na ja, Formen der Tyrannis sollten wir aufgeklärten Nachplatoniker eigentlich hinter uns gelassen haben … die des Geldes wäre jetzt noch zu klären (-; …

    >>> … und wie sie auswählen?

    Ich spinne mal herum: Im systemnotwendig akzeptierten Kompetenzbüro per IQ/EQ-Nachweispapier – dem Pass aus der ‚Arztpraxis‘ sozusagen, deren Messtechnik über jeden Diskriminierungsverdacht erhaben ist. (Die Würde des Menschen ist unantastbar – aber seine Lügen sind es nicht.) Davon ausgehend, dass diejenigen, die mitreden wollten, lernen würden, um an Wählkompetenz, bzw. Wählbarkeit zuzulegen, würde ein multiples Anreizsystem entstehen, vielleicht sogar ein echt gerechtes …

    Die anderen, die der Politik ohnehin gleichgültig/inkompetent gegenüberstehen und im demokratischen (Parteien-)System gern als Stimmvieh geködert werden, als Nichtwähler jedoch nicht zählen (Skandal!), dürften sich immerhin in guten, kompetenten Händen wähnen. Das System ergäbe einen etwas technokratisch wirkenden Apparat, der sich aber auf die Kernaufgaben eines Gemeinwesens konzentrieren könnte – volles Vertrauen in wissenschaftliche Erkenntnis und eine satte IQ/EQ-Verteilung bei den ‚Gewalten‘-Trägern vorausgesetzt (-; …

    „Der Nachteil der Intelligenz besteht darin, daß man ununterbrochen gezwungen ist, dazuzulernen.“ (George Bernard Shaw). Was derzeit per fictio juris als Mündigkeit gilt, fällt (mir) im lügenhaften Zusprechen von Kompetenz in Wahrheit eigentlich als Entmündigung auf. Ich frage also versuchsweise rigoros: Wie lange wollen wir uns (im Widerstreit von kapitalischem + sozialistischem System) noch etwas vormachen?

    Lina

    26. März 2009 at 13:11

  54. >>> Bitte sag “ja”…

    Ja.*

    *Wie auch der Smiley hinter ‚vorausgesetzt‘ dasselbe sagen soll …

    Lina

    26. März 2009 at 13:15

  55. Mein Konzept wäre: Mitmischen darf im Staat, wer auch den Arsch dafür hinzuhalten bereit ist. Findet sich recht schön ausgearbeitet in Robert A. Heinleins „Starship Troopers“. Tatsächlich hätte ich da immernoch mehr Vertrauen als bei irgendwelchen Zwangsneurotikern, die ihre Staatenlenkerkompetenz aufgrund herausragender Leistungen beim Erkennen von Punktspiegelungen, Permutieren von Anagrammen und Einanderzuordnen sinnverwandter Redensarten zugesprochen bekommen haben. Echt.

    David

    26. März 2009 at 13:31

  56. Frage: wie ist das mit dem Verfahren zur Ermittlung derer, die den Arsch hinzuhalten bereit sind?

    Ansonsten: schwer d’accord … im Ungefähren.

    Lina

    26. März 2009 at 13:43

  57. Das sind bei Heinlein exakt die, die sich zum Militär melden und sowohl das Training überleben und auch durchhalten als auch die sich daran u.U. anschließenden Einsätze. Kurz: Einen der bereit ist, den Arsch hinzuhalten, erkennst Du daran, daß er den Arsch hinhält. Es gibt da nicht viel Zauberei.

    David

    26. März 2009 at 13:58

  58. „Einen der bereit ist, den Arsch hinzuhalten, erkennst Du daran, daß er den Arsch hinhält.“

    Was sind denn das für latent homophobe Bilder hier 😉 – einst das Fisten und jetzt sowas.

    momorulez

    26. März 2009 at 14:12

  59. Habe wir jetzt heinlein zur Alternative zur Bundetagswahl etabliert? Juchhe.

    Ich würde ja erst mal „Gleiches Recht für alle“ vorschlagen und anregen, dass JEDER diesen mehr oder weniger sinnvollen Einbürgerungstest machen muss bevor er wählen darf. Das sichert zumindest ein gewisses Niveau an Ahnung, was man so tut. ich war ein paar Mal Wahlhelferin und ich versichere euch: da tun sich Abgründe auf.

    Als der Einbürgerungstest heiss diskutiert wurde war ich unfreiwillige Zeugin dieses Dialogs zwischen Mutter und Sohn, die ethnisch gesehen Deutsche waren:
    Sohn: „wir haben heute in der Schule den Einbürgerungstest gemacht“
    Mutter: brummt
    Sohn: „Ich hab‘ ihn bestanden“
    Mutter: „Ist ja auch nicht schwer“
    Sohn 8etwas gekränkt): „kennst du denn drei Mittelgebirge?“
    Mutter: „Natürlich“
    Sohn: „Na los, sag sie mal!“
    Mutter: „Der Harz ist eins, dann der Solling“
    Schweigen
    Mutter: „und die Alpen“
    Sohn: „Die Alpen sind kein Mittelgebirge“
    Mutter: „Ist doch egal“
    Sohn: „Ne, ist es nicht“
    Mutter: „Halt den Mund“

    Danach war ich dafür, das Ding einfach von jedem Ausfüllen zu lassen der Wählen möchte. Eigentlich völlig gegen meine Grundsätze, aber angesicht von so was müssen Grundsätze mal kurz der Realität weichen.

    Eigentlich habe ich die Frage, wie man davon ausgehen kann, dass Menschen genetisch gesehen zu dumm sein könnten um mitzubestimmen aufgebracht, um zu zeigen, dass es gegen jede demokratische Regel verstösst.

    Der IQ-Schein ist zwar verlockend, aber auch keine Lösung. Nur dass jemand prima Wortanalogien bilden kann heisst nicht, dass er auch ein guter Parlamentarier sein muss.

    cassandrammviii

    26. März 2009 at 14:29

  60. David:
    bei den „Troopers“ siollte man wirklich zwischen Film (nur mit viel Alkohol zu ertragen) und Buch unterscheiden.
    Das Buch ist, auch wenn man zu dem Schluss kommt „danke, aber nein danke“, lesenswert und wirft eine Reihe von interessanten Fragen auf. Man muss die Antwort Heinleins deswegen ja noch lange nicht übernehmen.

    cassandrammviii

    26. März 2009 at 14:33

  61. „volles Vertrauen in wissenschaftliche Erkenntnis und eine satte IQ/EQ-Verteilung bei den ‘Gewalten’-Trägern vorausgesetzt “

    Moment, Lina, halt, dahinter steckt der Gedanke, dass Intelligenz jeden moralisch integer macht. Und das stimmt nicht.

    die Leute mögen die wissenschaftliche Erkenntnis auf ihrer Seite haben und hochintelligent sein, aber heisst das auch, dass das, was sie machen, gut sein muss?
    Mir schaudert es gerade beim Gedanken an hochintelligente, fähige und gut gebildete NPD’ler, die dann mal gehörig auf den Putz hauen. Ich habe die Theorie, dass die gesamte Rechte doof ist schon oft gehört, aber dadurch wurde sie nichr glaubwürdiger.
    Mwein Lieblingsbeispiel ist Himmler: wissenschaftlich orientiert, hoher IQ, sachkompetent. Und der Chef der grössten Schlächter der bisherigen Menschheitsgeschichte.

    cassandrammviii

    26. März 2009 at 14:50

  62. >>> … ‚Himmler: wissenschaftlich orientiert, hoher IQ, sachkompetent. Und der Chef der grössten Schlächter der bisherigen Menschheitsgeschichte.‘

    Soll auch ein ‚liebevoller Vater‘ gewesen sein – ebenso wie die anderen Schergen …

    Nein, da hilft es auch nicht (wie getan), den messbaren IQ durch dem messbaren EQ aufgefüllt zu haben. Es ist, wie Du sagst: Intelligenz macht nicht unbedingt auch moralisch integer, kann aber … nur: was machen wir bloss aus all der Erkenntnis, wo doch (laut dem Moralisten Camus) ‚die einzige Art, gegen die Pest zu kämpfen, die Ehrlichkeit ist‘ … ?

    Lina

    26. März 2009 at 15:29

  63. bei den “Troopers” siollte man wirklich zwischen Film (nur mit viel Alkohol zu ertragen) und Buch unterscheiden.

    Wohl fraglos richtig, aber was genau bringt Dich darauf? Ich kann mich an den Film kaum noch erinnern und wollte mich an keiner Stelle darauf beziehen. Hast Du den Eindruck, daß irgendeine meiner Aussagen nicht vom Buch gedeckt ist? Dann hätte ich gern MartinM oder Björn als Schiedsrichter 😉

    David

    26. März 2009 at 16:33

  64. Lieber Zettel, @“Also, da haben Sie, lieber Che, wirklich Pech gehabt, daß sie offenbar auf einen Stümper gestoßen sind.“ — Das zum Glück auch wieder nicht, da es bei den beiden Persönlichkeitsinventaren nur um einen Einstufungstest zur Feststellung meiner Behandlungsbedürftigkeit bei der Krankenkasse ging und die dann durchgeführte Gesprächspsychotherapie damit nichts zu tun hatte. Wäre namenloser Unfug herausgekommen, wenn auf den Pattern dieser Inventare eine Therapie aufgebaut hätte.

    @“Ja, das sind Items, die hoch auf dieser Skala laden (das müßte ich jetzt auch wieder erläutern, es ist ein Begriff aus der Faktorenanalyse). Es ist nun mal empirisch so, daß die betreffenden Eigenschaften bei Frauen – im Schnitt – ausgeprägter sind als bei Männern. Also gehören sie zu Recht zu dieser Skala.“ — Das Problem ist doch aber, dass die Frage, welche Verhaltens- und Empfindungsweisen von einer statistischen Mehrheit als typisch „männlich“ oder „weiblich“ wahrgenommen wird, starken kulturellen, altersmäßigen, schichtspezifischen und bildungsabhängigen Schwankungen unterliegt, ebenso, wie das, was wir „Intelligenz“ nennen. Beim antiken Reitervolk der Sarmaten gehörte es mal zum Rollenbild der Frau, dass diese den Kopf eines besiegten Gegners mit nach Hause bringen musste, wollte sie als Kriegerin anerkannt werden. Es lässt sich leicht ermessen, dass in dieser Gesellschaft die Verhaltensweisen und Formen von Emotionalität, die bei uns für typisch weiblich un typisch männlich gehalten würden, völlig andere waren, als in der Gesellschaft, in der wir heute leben. Und noch in der Gesellschaft Freuds wäre das Frauenbild unserer heutigen Gesellschaft undenkbar gewesen. Ich habe meine Zweifel, ob Persönlichkeitsinventare dies alles reflektieren.

    Dann die bipolare Vorstellung von Geschlechtlichkeit überhaupt, die Begriffe „männlich“ und „weiblich“: Es gibt Kulturen in Sibirien, Neuguinea und Polynesien, die 7 oder auch 17 verschiedene Geschlechter kennen, da Transsexuelle, teils auch noch verschiedene Arten von Transen, Homosexuelle, Alte jenseits des gebär- und zeugungsfähigen Alters, Kinder und z.B. Behinderte als eigene Geschlechter aufgefasst werden, für die es auch eigene Sprachformen gibt, also eigene Endungen, eigene Anreden, eigene besitzanzeigende Fürwörter etc. Unsere Vorstellung einer bipolaren Sexualität wäre in solchen Gesellschaften rein sprachlich gar nicht vermittelbar. Und es gibt dieses Konzept auch erst, seit es eine Aufklärung und eine Biologie gibt. Im Mittelalter und noch bis ins 17. Jahrhundert, das lehrt die Alltagsgeschichte, wurde ein Wandel von einem zum anderen Geschlecht im Sinne von Transsexualität als etwas eher beiläufiges wahrgenommen (wenn nicht gerade jemand den Teufel ins Spiel brachte), während so etwas in moderneren Zeiten eine geradezu hysterische Aufmerksamkeit und heftigen Normalisierungsdruck erzeugte. Insofern stehe ich Intelligenztests und Persönlichkeitsinventaren mit großem Misstrauen gegenüber. Für mich ist das, neben den primären Anwendungen, auch ein Versuch, die der westlichen Zivilisation (worunter auch Russland fällt)zugrundeliegende Auffassung von Normalität zu zementieren.

    Gestehe gerne, dass ich früher mit den Sinnsprüchen „Das gesamte Universum ist vollkommen wahnsinnig“ und „Welche Realität, Papa?“ an den Wohnungswänden lebte.

    chezweitausendeins

    26. März 2009 at 18:23

  65. @Lina „Ich spinne mal herum: Im systemnotwendig akzeptierten Kompetenzbüro per IQ/EQ-Nachweispapier – dem Pass aus der ‘Arztpraxis’ sozusagen, deren Messtechnik über jeden Diskriminierungsverdacht erhaben ist. (Die Würde des Menschen ist unantastbar – aber seine Lügen sind es nicht.) Davon ausgehend, dass diejenigen, die mitreden wollten, lernen würden, um an Wählkompetenz, bzw. Wählbarkeit zuzulegen, würde ein multiples Anreizsystem entstehen, vielleicht sogar ein echt gerechtes …“ — Das letzte Mal, dass in Deutschland mal ein System ersonnen wurde, bei dem politische Entscheidungsfähigkeiten an „objektive Daten“ gebunden werden sollte, war das bei Alfred Ploetz, der um 1900 herum wollte, dass die „Hochwertigkeit“ der Erbsubstanz entscheidet, wer in einer Gesellschaft wie partizipieren darf. Ein Ärzte-Kollegium sollte den „Bürgerbrief der Gesellschaft“ vergeben, und erbkranke oder sehr schwache Kinder nach der Geburt getötet werden. Der NS-Massenmord entwickelte sich aus Ploetzens eugenischer Utopie, obwohl Ploetz kein Antisemit gewesen war. Ich habe für alle Zeiten genug von jedem Versuch, an von Menschen erhobenen Messdaten Politik auszurichten. Und ich halte individuelle Freiheit und Schutz der sozial Schwachen nur für möglich, wenn bestimmte Zugriffswege der Erfassung und Kontrolle gar nicht erst realisierbar sind, und stehe daher auch für Chaos und das Prinzip „Unsere Daten könnt Ihr raten“.

    Im Übrigen sind nur mehr Demokratie und mehr Gleichheit, als wir sie im Augenblick haben wünschenswert, nichts, was diese in Frage stellt.

    chezweitausendeins

    26. März 2009 at 18:36

  66. „Das Problem ist doch aber, dass die Frage, welche Verhaltens- und Empfindungsweisen von einer statistischen Mehrheit als typisch “männlich” oder “weiblich” wahrgenommen wird, starken kulturellen, altersmäßigen, schichtspezifischen und bildungsabhängigen Schwankungen unterliegt, ebenso, wie das, was wir “Intelligenz” nennen. Beim antiken Reitervolk der Sarmaten gehörte es mal zum Rollenbild der Frau, dass diese den Kopf eines besiegten Gegners mit nach Hause bringen musste, wollte sie als Kriegerin anerkannt werden. Es lässt sich leicht ermessen, dass in dieser Gesellschaft die Verhaltensweisen und Formen von Emotionalität, die bei uns für typisch weiblich un typisch männlich gehalten würden, völlig andere waren, als in der Gesellschaft, in der wir heute leben. Und noch in der Gesellschaft Freuds wäre das Frauenbild unserer heutigen Gesellschaft undenkbar gewesen. Ich habe meine Zweifel, ob Persönlichkeitsinventare dies alles reflektieren.“

    Darin stecken, lieber Che, aus meiner Sicht zwei Fragen.

    Die eine ist, wieweit Intelligenz und wieweit psychische Unterschiede zwischen Männern und Frauen angeboren und wieweit sie kulturell bzw. durch individuelle Erfahrung geprägt sind.

    Das ist mit Sicherheit keine binäre Alternative. Genetische Faktoren spielen ebenso eine Rolle wie die Umwelt. Und deren Wirkungen addieren sich nicht, sondern sie interagieren. Beispielsweise wird die Intelligenz umso mehr durch die Umwelt bestimmt, je weniger begabt (im Sinn der genetischen Faktoren) ein Kind ist. Des weiteren – kann sein, daß ich schon mal darauf hingewiesen habe – wirken sich genetische Faktoren im Lauf der Biografie immer stärker aus, weil jedes Individuum bestrebt ist, eine seiner Begabung angemessene Umgebung zu finden.

    Hirnphysiologisch ist es so, daß im Gehirn angelegte neuronale Verknüpfungen sich nur dann richtig entwickeln, wenn sie durch Umweltreize entsprechend stimuliert werden; sonst degenerieren sie. Die Umwelt ist also gerade wichtig, um die genetisch determinierte Begabung zu entfalten.

    Was Männlichkeit und Weiblichkeit angeht, liegen die Dinge ähnlich.

    Es gibt zweifellos biologische Unterschiede, die man im fMRI-Scan sehen kann und in den Hormonspiegeln, und die auch ihre evolutionäre Erklärung finden: Bei Primaten sind nun mal die weiblichen Individuen für die Aufzucht der Kinder zuständig, und die männlichen sind aggressiver. Wer jagen muß, der braucht eine bessere räumliche Orientierung. Wer in der Horde den sozialen Zusammenhang sichern muß, der braucht eine höhere emotionale Intelligenz und bessere sprachliche Fertigkeiten.

    Aber zum einen sind diese biologischen Unterschiede zwischen den Gechlechtern nicht so groß, daß die Verteilungen einander nicht stark überlappen würden. Es ist ungefähr wie bei der Körpergröße: Männer sind im Schnitt größer als Frauen, aber es gibt viele Frauen, die größer sind als viele Männer. Ebenso gibt es – völlig normal, in keiner Weise pathologisch – viele Männer, die mehr weibliche Eigenschaften haben als viele Frauen, und umgekehrt.

    Der zweite Punkt ist, daß wegen des starken Einflusses der Umwelt ein breiter Spielraum für Gender-Rollen besteht.

    Was Sie nennen, sind allerdings teils eher Kuriosa (das mit dem Kopf, der geliefert werden mußte, dürfte historisch so gut gesichert sein wie die Existenz von Atlantis 😉 ).

    In fast allen Kulturen sind die Frauen für die Aufzucht der Kinder, für die Bereitung des Essens, fürs Soziale zuständig und die Männer für die Jagd, für das Handwerkliche. Weil es dafür eben eine biologische Wurzel gibt.

    Die Ausprägung dieser Rollen ist sicher sehr verschieden. Sie war zB bei den Germanen geringer als in den antiken Hochkulturen, sie ist heute in den islamischen Ländern viel größer als in den modernen Industriestaaten.

    Aber vorhanden sind diese Rollen sie überall. Und sie werden es weiter sein, solange der Testosteronspiegel bei Männern höher ist als bei Frauen, und solange bei Männern der Parietalcortex und bei Frauen der Broca-Wernicke-Bereich besser entwickelt ist.

    Und abschließend nochmal gesagt, lieber Che: Aus meiner Sicht sind das alles empirische Fragen. Leider zu lange durch die ideologische und simplistische Kontroverse „Nature vs Nurture“ emotionalisiert. So, als sei jemand ein Faschist, der die Intelligenz für angeboren hält, und ein anderer ein Kommunist, der sie für erworben hält. 🙂

    Herzlich, Zettel

    Zettel

    26. März 2009 at 22:37

  67. […] by momorulez am März 26th, 2009 Da finden ja sogar noch ganz spannende Diskussionen statt in meinem ehemaligen Zuhause! Für durch Foucault geprägte Blogger wie mich gerade dann ergiebig, wo Blogger von ziemlich weit […]

  68. „Wer jagen muß, der braucht eine bessere räumliche Orientierung.“

    Ja, lieber Zettel, und das erheben Sie mir jetzt mal rein empirisch-induktiv, eine solche Aussage. Wie denn?

    Ich geh dann mal jagen, brandschatzen und vergewaltigen, die Evolution verursacht das gerade in mir … muß zudem meine Umwelteinflüsse mal wieder fit machen, um nicht zu degenerieren.Und ’n bißchen Hormone trainieren, harharhar …

    momorulez

    26. März 2009 at 23:00

  69. Herr Zettel,

    als Statistiker sollte Sie wissen, dass sie Verfahren sind, die nicht verifizieren, sondern aufgrund eines konventionalisierten Umgangs mit Wahrscheinlichkeiten theoretische Konstrukte plausibilisieren (oder eben nicht). Welche Bedeutung diese Konstrukte für die „Realität da draußen“ haben, ist leider mit diesen Methoden nicht erfassbar. Wer heute rein auf quantitative Logiken in den Humanwissenschaften setzt, hat die letzten 30 Jahre Methodendiskussion verpasst, weil auch da mittlerweile andere Konventionen gelten. Nimmt man mal Bereiche der Psychologie aus, die eine Art Minderwertigkeitskomplex gegenüber Medizin und Neurowissenschaften entwickelt zu haben scheint.

    lars

    27. März 2009 at 0:08

  70. Um das noch einzuschieben, Che: Du musstest mein ‚Herumspinnen‘ nicht unbedingt in die Nähe von Eugenik rücken … nichts lag mir ferner! Und was den Wunsch nach mehr demokratisch zu erwirkender Gleichheit angeht: Meiner ist er nicht! Solidarität: gern, Gleichmacherei: nein. Träges, uninspiriertes Phlegma wäre (und ist bereits) die Folge …

    Lina

    27. März 2009 at 8:07

  71. @Lina „Du musstest mein ‘Herumspinnen’ nicht unbedingt in die Nähe von Eugenik rücken … nichts lag mir ferner! “ — Das habe ich überhaupt nicht getan. Ich habe nur exemplifiziert, was bei „Herumspinnen“ mit Beurteilung von Menschen nach sogenannten objektiven wissenschaftlichen Maßstäben und ungleichen Einflussmöglichkeiten für Menschen am Ende herauskommen kann. Plötz startete nicht etwa als Nazi, sondern als eher links angehauchter, allerdings auch den nordischen Mythos pflegender naiv-idealistischer Menschhheitsverbesserer.

    Von Gleichmacherei war hier übrigens nicht die Rede, sondern von mehr Demokratie UND mehr Gleichheit in Kombination. Seit Kohls Regierungsübernahme, seit Schröder aber forciert wurde in diesem Lande Gleichheit immer weiter verringert, es wurden Einkommensumverteilung betrieben, die die Reichen reicher und die Armen ärmer machte, vor allem auch die absolute Zahl der Reichen verringerte und die der Armen vergrößerte. Funktion von HartzIV war es vor allem, eine neue prekäre Unterschicht zu schaffen, um sie als Druckmittel gegen die noch Beschäftigten einzusetzen. Und diese Entwicklung rückgängig zu machen bzw.eine Gegenentwicklung einzuleiten stellt in der Tat Basis jeder Politik dar, die mir unterstützenswert erschiene.

    WG mehr Demokratie: Ist Dir mal aufgefallen, dass nur die Hälfte aller Abgeordneten vom Volk selbst gewählt wurde, nämlich die Direktmandatsträger? Der Rest sind Parteisoldaten, die nicht das Wahlvolk unmittelbar präsentieren. Ich wäre dafür, dass es nur Direktmandate gibt, dass es sich um imperative Mandate handeltm, d.h. die Abgeordneten sind den Wählern in ihrem Wahlkreis direkt Rechenschaft pflichtig, und der Bundesrat als zweite Kammer wäre keine Ländervertretung, sondern ein echter Rat, d.h. ein vom Volk gewählter Delegiertenausschuss. Dann könnte man vielleicht anfangen, in diesem Land von Demokratie im Sinne echter Volksherrschaft zu reden.

    chezweitausendeins

    27. März 2009 at 18:48

  72. „Wohl fraglos richtig, aber was genau bringt Dich darauf? Ich kann mich an den Film kaum noch erinnern und wollte mich an keiner Stelle darauf beziehen. Hast Du den Eindruck, daß irgendeine meiner Aussagen nicht vom Buch gedeckt ist?“

    David, da ich immer wieder zu viele Keute treffen, die nicht mal wissen, dass es das Buch gibt und mein eigener Ehemann sich weigert es zu lesen (er hat Ausschnitte aus dem Film gesehen und weigert sich seitdem…) wollte ich nur kurz darauf hinweisen damit wir alle von gleichen reden und nicht am Ende jemand die völlig überflüssige Duschszene des Films diskutiert (Erlaubnis zum Kinderkriegen nur nach Militärdienst- existiert im Buch nicht). Viele Der Fragen, die das Buch stellt kommen im Film einfach nicht vor.
    Ich kann mich an den Filn gut erinnern- wir sahen im in Uniseminar und ich war die einzige die zugab, ihn zu kennen…

    cassandrammviii

    27. März 2009 at 19:46

  73. Am absurdesten wird es, wenn jemand als Parteilistenkandidat ins Parlament gekommen ist und während der Legislaturperiode die Partei wechselt. dann behält er nämlich seinen Platz.
    Und das finde ich bedenklich.

    cassandrammviii

    27. März 2009 at 19:48

  74. Che, Lina, man euch zwei, so ihr es denn wollt, durchaus zusammenbringen.
    Denn demkratische Gleichheit muss nicht heissen, dass alle phlegmatisch werden und man sich auf den geringsten Nenner einigt.

    Viele Menschen wollen nicht denken. Das ist blöd, aber leider so. Deswegen sind Leute, die ihnen die Arbeit zu denken abnehmen gefragt.
    da muss die Antwort heissen: Lust auf’s Denken machen. Eigentlich sollte sich Denken durch sich selbst belohnen, tut es aber nicht weil Menschen, die selbst denken, unbequem sind. Und sie schlucken nicht mehr jede Pille die man ihnen gibt. Und deswegen stösst man bei seinen ersten Denkversuchen häufig an. Das kann wehtun.

    Das nächste ist das es immer noch eine Sozialisation zum gehorsam, gerade bei den unteren sozialen Schichten (ich mache das nicht am Einkommen fest) gibt.

    Wenn die Wahlbeteiligung in der BRD auf 60-und-ein-bisschen Prozent sinkt fragt man sich nicht „was ist denn da los?!“ und versucht Lösungen zu finden, sondern erklärt es mit zu schlechten oder zu gutem Wetter. Und dann sind halt alle „wahlmüde“ weil sie zu oft wählen sollen. Die Lösung: wir verlängern die Legislaturperioden, dann muss der Bürger weniger oft zum Wahllokal.

    Zumidest bei den letzten beiden Punkten könnte man ansetzen, so es denn Interese gibt. Bei Punkt 1 ist das alles etwas komplizierter, aber immer noch möglich.

    Wenn man nun sagt, dass erst mal jeder „mitmachen“ kann, aber dafür die Mindestvorraussetzung „Bürgertest“ erfüllen muss und man ihn tatsächlich so oft machen kann wie man will (ja, irgendwann besteht ihn statistisch gesehehen dann jeder) und das vor allen Dingen niemand von dieser Teilhabe ausgeschlossen werden darf, dann kriegen wir euch beide an einen Tisch, oder?

    PS: wer die meisten Stimmen beim Beliebtheitswettbewerb „Bundestagswahl“ gewinnt hat noch lange nicht die besseren Lösungen. Vielleicht sollten wir Parteien haben, die kooperieren statt sich zu profilieren.
    Vor jeder Wahl wird dem eigenen Klientel alles Mögliche versprochen. Die Frage ist dann, ganz römisch, wer die meisten „Klienten“ auf die beine kriegt. Damals wurden die Stimmen teilweise plumb gekauft oder erprügelt oder ererbt. Heute ist das alles subtiler, aber das Kaufversprechen, sei es nun mit weniger Steuern, mehr Kindergeld, mehr wasweissich ist immer noch da.

    Vivate pamen et circensem!

    cassandrammviii

    27. März 2009 at 20:07

  75. Dazu fällt mir spontan das hier ein:

    Und zum Anderen gibt es da eine überhaupt nicht mittelmäßige Perspektive, die mich extrem prägte und die mit diesem ganzen konsumieren-kleinbeigeben-abfinden-Brötchen-backen-Lebensgefühl einfach überhaupt nicht vereinbar und höchst existentiell ist

    Und das soll den Pigs nicht vergessen sein

    chezweitausendeins

    27. März 2009 at 23:24

  76. Letztlich bleibt nur diese Haltung übrig:

    und immerhin folgt darauf das:

    und auch das, wobei ich sagen muss, dass sich, da ich „Dritte-Welt“-Elend life gesehen habe und die Leiden von Flüchtlingen hautnah erlebt habe, der Hass in mir türmt:

    http://www.youtube.com/watch?v=phYKrllis-U&feature=related

    chezweitausendeins

    27. März 2009 at 23:52

  77. Che, grad versteh ich nicht was du sagen willst. Oder auf welche Mengen Text (da gibt es hier ja mittlerweile genug von) du dich beziehst.

    Oder ist es einfach zu früh zum Denken?

    cassandrammviii

    28. März 2009 at 5:41

  78. @ Che

    Schwer was dagegen vorzubringen, was Du an vernünftigen Alternativen zur derzeitigen demokratischen Praxis aufführst; will ich auch gar nicht … nur:

    >>> Seit (…) wurde in diesem Lande Gleichheit immer weiter verringert,

    Nein, da war auch vorher keine, nur das ‚Klima‘ war besser, nämlich normal und nicht aufgeheizt wie heute; derzeit erleben wir die soziale Variante eines ‚Klimawandels‘ … aus gute, bzw. schlechten Gründen.

    Das hier kann ich aber einfach nicht unwidersprochen stehen lassen:

    >>> Funktion von HartzIV war es vor allem, eine neue prekäre Unterschicht zu schaffen, um sie als Druckmittel gegen die noch Beschäftigten einzusetzen.

    Wie – sorry! – paranoid muss man sein, um in dieser systematisierten Variante einer billigen abfindenden Versorgung ein Druckmittel im oben genannten Sinn zu sehen? Harz IV ist die soziale Abstellkammer als Ohnmachtserklärung der Regierenden gegenüber dem freien Markt, dem die Arbeitsplätze ausgingen, weil er sie eigenhändig wegrationalisierte. Es ist der (politischen) Weisheit letzter Schluss – genauso, wie sie jetzt am Tiefpunkt der Entwicklung, die maroden Institute retten, die zur Aufrechterhaltung eines freien Marktes unverzichtbar sind. Sie lassen nicht untergehen. Das ist alles, was sie können … nicht untergehen lassen, die Arbeitslosen, Armen + Schwachen ebensowenig wie die Banken, und ehrlich gesagt: mehr geht m. E. auch nicht. Auf der Leistungsempfängerseite muss es natürlich wie Hohn erscheinen, falls man vom Staat so etwas wie die eigene Schicksalsverwaltung erwartet; das tue ich nicht.

    Eigentlich wünschte ich mir jetzt nur noch das, was momorulez andernorts so schön als ‚mythische Hoffnung in der Krise‘ beschreibt: „Dass der ökonomische Zusammenbruch zur Entschleunigung führen könnte und dass im Zuge der Renovierung des “christlichen Menschenbildes” eine Praxis wie “Andacht” die allgegenwärtigen Normierungen und die Tiraden der Hassprediger bricht.“

    Dem ist absolut nichts mehr hinzuzufügen (-: …

    Lina

    28. März 2009 at 10:21

  79. @ kassandrammviii

    >>> Vielleicht sollten wir Parteien haben, die kooperieren statt sich zu profilieren.

    Ein frommer Wunsch, den ich teile, seit ich aus den Kinderschuhen bin – aber Rom lebt, weil Menschen sich im Kern kaum ändern. Wobei der neuerdings nonstop laufende Zirkus neuen Unterhaltungswert entwickelt hat und bei gesichertem Brotverzehr schon in sämtliche privaten Schonräume vorgedrungen ist. Die Hochseilakteure arbeiten jetzt mit Netz (und doppeltem Boden!), aber auch das Volk hat eines bekommen, ein sog. soziales, und noch immer isses nicht gut …

    Das noch, weil ich es so nett fand: an Che gerichtet schreibst Du …

    >>> … grad versteh ich nicht was du sagen willst.

    Ich erst auch nicht – aber ich glaube, dass er fragt, ob er ‚lieben oder hassen‘ soll, wo doch ’sicher ist nur der Tod‘. Das ist zugegebenermassen eine zu grosse Frage für morgens um sechs, aber auch für mittags um zwölf oder abends um acht. Mich hat eine Freundin mal in verstörter Betroffenheit (über mein ständiges Herum- und Hinausdenken) gefragt: „Aber es gibt doch auch den privaten Raum …?“ Stimmt eigentlich, und wenigstens da kann man lieben, sogar bis zum Tod (-: …

    Lina

    28. März 2009 at 10:22

  80. >>> sogar bis zum Tod …

    Hier der Beweis :-)) :

    Oder träumen !!!

    Lina

    28. März 2009 at 12:39

  81. Erlaubnis zum Kinderkriegen nur nach Militärdienst- existiert im Buch nicht

    Sonst würde der Hauptcharakter ja auch gar nicht existieren. 🙂
    Verstehe jetzt im Übrigen, worauf Du hinaus wolltest, und kann die Motivation für Deinen Kommentar auch völlig nachvollziehen.

    David

    28. März 2009 at 15:20

  82. Lina, Hartz IV verfolgte soweit ich weiss explizit die Absicht, Kräfte für den Arbeitsmarkt zu mobilisieren. Wozu der das braucht (immerhin haben wir ein paar Millionen Arbeitslose, also nicht gerade schreienden Mangel) sollte man sich schon fragen.
    Der Staat gibt nicht wirklich weniger aus, Sparen kann es also auch nicht sein. Wobei ich Sparen angesichts von den auch schon „damals“ horrenden Staatsschulden als Motivation ja sogar nachvollziehen und auch gutheissen muss, denn Kredite gibt es im Kapitalismus nun mal zu Zinsen und den ganzen aufsummierten Möpes muss dann mal irgendjemand zurückzahlen und der wird sich sicher bedanken.
    HartzIV treibt nicht die in geruhsamer Kleinbürgeridylle vor sich hinlebenden Facharbeiter auf den Arbeitsmarkt, sondern massig gering- bis gar nicht Qualifizierte. Und die üben Druck in eh schon mies bezahlten Jobs aus.

    Und deswegen kann man Ches Argumentation durchaus teilen.
    Ich halte das ganze, wie schon mehrfach gesagt, ja für eine Sozialdiszplinierungsangelegenheit allererster Güte.

    cassandrammviii

    28. März 2009 at 18:43

  83. @“Che, grad versteh ich nicht was du sagen willst. Oder auf welche Mengen Text (da gibt es hier ja mittlerweile genug von) du dich beziehst.“ — Eigentlich würde es reichen, die Titel der Lieder aneinanderzureihen, aber gut, ich kann es auch sagen:

    In Zeiten von Gefahr und Not bringt der Mittelweg den Tod. Nichts wäre jetzt so falsch wie Abwarten und Maul halten. Und wenn ich angesichts der Krise und der aktuellen politischen Situation an das denke, was ich z.B. in Ägypten erlebt habe, wo völlig klar war, wer auf wessen Seite stand und was Recht und Unrecht ist, da musste überhaupt nicht diskutiert werden, oder ich denke an meine kurdischen Freunde, die sich jeden Abend besaufen, weil, schliefen sie nüchtern, jede Nacht die Hubschrauber kämen, dann haben wir hier immer noch eine luxuriöse Situation, selbst vor uns. Damit haben wir aber auch Ressourcen, noch etwas zu machen.

    chezweitausendeins

    28. März 2009 at 19:00

  84. Sorry, das war heute morgen zu kompliziert für mich. ich landete bei Dieter Bohlen…

    cassandrammviii

    28. März 2009 at 19:03

  85. Eigentlich solltest Du bei Klaus Hoffmann und Bruce Cockburn landen.

    chezweitausendeins

    28. März 2009 at 19:12

  86. ich will die Repressalien in all‘ den Bereichen die ich jetzt aufzählen könnte und wo ich sicher was vergessen würde hierzulande nicht kleinreden, aber Che hat recht: wir haben immer noch eine verdammt luxuriöse Situation.
    Wenn hier Kinder verhungern liegt das an Böswilligkeit und nicht daran, dass Mama keine Milch mehr in der Brust hat weil sie grad selbst verhingert. Das macht die Böswilligkeit nur um so härter.
    Wir diskutieren, ob HartzIv-Kinder nicht umsonst schibus fahren können sollen. Sollten sie wahrscheinlich. Aber andernorts laufen Kinder mehrere Kilometer zu Fuss, gerade um zu lernen. Die wissen nämlich, dass sie das Gewinnlos gezogen haben.
    Wir regen uns drüber auf, dass die Abwrackprämie auf staatliche leistungen engerechnet werden soll. Ähem… Autos gehörten als ich es das letzte Mal checkte nicht zu den Menschenrechten.
    Wenn hierzulande die Opposition (welche auch immer) demonstrieren will darf sie das erstmal und muss nicht damit rechnen, dass die Regierungsseite das Feuer eröffnet.
    ich rechne nicht damit in den nächten Monaten Opfer einer „ethnischen Säuberung“ zu werden.

    Und damit haben wir, das sehe ich ähnlich wie Che, die verdammte Verpflichtung, was zu tun. Und das heisst nicht immer dioe WEltrevolution, sondern geht schon ganz im klienen:
    Ja, fair-trade Bananen sind 50 Cent teuerer als „normale“. Dann ess ich eine weniger von den Dingern.
    Das zählt auch für den Kaffee- obwohl teilweise der faire billiger ist als der von Jakobs&Co. Und ich will das gejammer darüber, dass „man“ sich dieses bisschen Gutes Gewissen nicht leisten nicht mehr hören. Das sagen darf bei mir, in meiner ganz privaten kleinen meinungsdiktatur nur noch, wer nicht qualmt, nicht Auto fährt (zwei immense Geldgräber) und so weiter.
    Damit verändere ich wahrscheinlich nicht die Welt, aber der Bananenbauer in Sonstwo, der einen fairen Preis bekommt und seine Kinder in die Schule oder eines Tages vielleicht sogar zu Uni schicken kann könnte den Unterschied trotzdem merken.

    cassandrammviii

    28. März 2009 at 19:18

  87. Du sagst, du willst die Welt nicht ändern, und ich frag mich, wie machst Du das nur?
    Du bist doch kein Geist in der Flasche und du bist auch kein Loch in der Natur.
    Denn nach jedem Schritt, den du gehst und nach jedem Wort, das du sagt,
    Und nach jedem Bissen, den du ißt, ist die Welt anders als sie vorher war.
    Wann, wenn nicht jetzt? Wo, wenn nicht hier?
    Wie, wenn ohne Liebe? Wer, wenn nicht wir?

    Du sagst, du willst die Welt nicht retten, das ist dir alles ne Nummer zu groß.
    Und die Weltenretter warn schon so oft da, nur die meisten verschlimmerns bloß.
    Und doch fragt mich jeder neue Tag, auf welcher Seite ich steh.
    Und ich schaffs einfach nicht, einfach zuzusehen, wie alles den Berg runtergeht.
    Wann, wenn nicht jetzt? Wo, wenn nicht hier?
    Wie, wenn ohne Liebe? Wer, wenn nicht wir?

    chezweitausendeins

    28. März 2009 at 19:26

  88. Einwurf:

    Wer sagt eigentlich, dass „fair trade“-Kaffee wirklich fair ist? Könnte es nicht vielmehr eine Gebühr darstellen, etwa 20 Cent pro Kilogramm, welche die Eigentümerin des „fair trade“-Siegels erhält, selbstverständlich überwiegend verwendet zu allerbesten Zwecken, und nur in geringen Maß zur Verschönerung der Geschäftsräume in Köln.

    Pardon: Ihr sprecht an dieser Stelle über Ablass. Ausßerdem ist euer Modell dessen, was „man“ tun könne, geringfügig, pardon, borniert, genauer gesagt, auf euren eigenen Gesichtskreis beschränkt.

    Mindestens ein Drittel unserer Gesellschaft können über eure Argumentationen nur lachen. Bitter lachen.

    Norman. O. Kon.

    28. März 2009 at 21:02

  89. Wie ist unser Gesichtskreis genau?

    chezweitausendeins

    28. März 2009 at 21:17

  90. 1. Wie ist mein Gesichtskreis?

    2. Manchmal tut man das Beste, was man kann. Garatien gibt es nie bis selten. Aber das ist noch LANGE kein Grund zu sagen „eh egal“. Denn bei einigen Produkten bin ich mir über die Produktionsbedingungen (Rosen aus Tansania zB) sehr gut im klaren, bei anderen kann ich zumindest HOFFEN, dass mein Geld etwas bewirkt.
    Ausserdem sind bestimmte Fair-Trade-Label meines Wissens geschützt.

    Und welches Drittel lacht denn?
    ich wage mal zu behaupten, dass ein Drittel der WElt über unsere „Probleme“ nur lachen kann.
    Ich habe in der Familie 2 Geschwister aus einem indischen Slum. Und weisst du was? Wenn da einer den Blinddarm rausgenommen kriegen muss ist das völlig sein Problem, und zwar gegen Vorkasse.

    Und wie gesagt, wer noch rauchen, saufen und autofahren kann soll sich über 50 Cent mehr für einen Bund Bananen nicht beschweren.

    Und ansonsten müssten ja 2/3 der deutschen Gesellschaft ihren Kaffee und ihre Schokolade aus fairem Handel beziehen, Öko-Bananen essen und auch sonst zusehen, dass das Mass der Ausbeutung nicht zu hoch wird und die T-Shirts aus China liegen lassen. Tun sie aber nicht.

    cassandrammviii

    29. März 2009 at 7:45

  91. >>> wir haben immer noch eine verdammt luxuriöse Situation.

    Sag‘ ich ja immer, wird mir aber – sorry! – wg. des Einbezugs auch des sozialsystemischen ‚Luxus‘ von Hartz IV nicht abgenommen … während ich doch nur behaupte, dass es gemessen an einem grossen Teil vom Rest der Welt echter Luxus ist, ein SGB zu besitzen. Das ist auch der Grund, warum mir das Lamentieren über Höhe + Bezugsbedingungen auf den Keks geht. Jammern auf hohem sozialen Niveau finde ich unanständig.

    >>> Und damit haben wir, das sehe ich ähnlich wie Che, die verdammte Verpflichtung, was zu tun.

    Ja, was denn aber ausser öffentlich zu machen, wovon wir wissen und was wir davon halten? Briefe an die ‚rote Heidi‘ schreiben, Demos veranstalten, Unterschriften sammeln? Wir überschätzen unsere Möglichkeiten – und das ist keine faule Ausrede. Wenn mit dem Kauf von FairTradeProdukten irgend jemandem geholfen ist: gern – ich glaub’s nur nicht, weil der Markt auch in seinen Nischen keine Moral kennt … ja, so pessimistisch bin ich.

    Btw: ‚Ablass‘- eingeführt von Norman – ist kein falscher Begriff ‚an dieser Stelle‘; dasselbe gilt meines Erachtens für die sog. Klimaretter. Ohne an der Echtheit empathischer Gefühle zweifeln oder den gerechten Zorn über Ungerechtigkeiten ausblenden zu wollen, entlasten wir doch in erster Linie eigennützig unser Gewissen von der (vermeintlichen) ‚Schuld‘, dass es uns besser geht als anderen. Das kann dem Einzelnen – je nach Veranlagung – zur inneren Verpflichtung werden, aber ein Anspruch an Andere, in barer, fremder Münze ‚Schuld‘ abzutragen, entsteht dadurch prinzipiell nicht, meine ich. Das wäre Unrecht am Eigentum Anderer und gehört m. E. zum grossen, aber respektablen Missverständnis sozialistischen Denkens.

    Lina

    29. März 2009 at 9:06

  92. „Ja, was denn aber ausser öffentlich zu machen, wovon wir wissen und was wir davon halten? Briefe an die ‘rote Heidi’ schreiben, Demos veranstalten, Unterschriften sammeln? Wir überschätzen unsere Möglichkeiten – und das ist keine faule Ausrede. Wenn mit dem Kauf von FairTradeProdukten irgend jemandem geholfen ist: gern – ich glaub’s nur nicht, weil der Markt auch in seinen Nischen keine Moral kennt … ja, so pessimistisch bin ich“

    ich denke, du unterschätzt die Macht von Verbrauchern, Lina. Denn was würden all‘ die handelsriesen machen, wenn wir nicht mehr bei ihnen kauften? Die wollen unser Geld, und deswegen werden sie sich nach den Wünschen ihrer Kundengruppe richten müssen.

    Ich kaufe konsequent keine Luxusgüter ohne transparente und faire Produktionsbedingungen. Kaffee, Schoki, Blumen etc- das braucht man nicht wirklich, sondern sind Annehmlichkeiten.
    Und ja, den Anspruch habe ich auch an andere. Und seltsamerweise akzeptiert das mein Freundeskreis.

    „Der Markt weiss nichts von Ehre“- stimmt, das hat das gute Mäxchen recht. Aber das heisst nicht, dass man selber davon nichts wissen muss.
    Wenn man nur auf den Preis schaut darf man nicht nach Gewissen fragen. Der niedrige Preis im Supermarkt wird von irgendjemandem gegenfinaziert.
    Wenn man sich darüber klr wird, was alles Luxus ist wird einem bewusst, dass es assig im Quadrat ist, für *seinen“ Luxus andere zahlen (und gelegentlich auch mal bluten) zu lassen.
    Und das ist kein „Unrecht“ am Eigentum anderer“, sondern weiterzumachenist Unrecht am leben anderer.

    Das Problem mit HartzIV ist, dass es die soziokulturelle teilhabe gewährleisten soll. Dazu ist es zu knapp. Aber verhungern tut man davon nicht. Ich denke aber nicht, dass man deswegen die Strukturen hinter den SGB-gesetzen nicht hinterfragen sollte und man sich klarmachen muss, dass dahinter POlitik, also Interessen, stehen.

    cassandrammviii

    29. März 2009 at 11:45

  93. Du gibst mir hier freundlicherweise einen Grundkurs in alternativem Verbraucherverhalten; das ist nicht nötig, danke, davon weiss ich, das hab‘ ich auch mal so gehalten. Was ich inzwischen aber auch weiss ist, dass der Markt so gut wie ausschliesslich über den Preis funktioniert, denn – was Wunder! – kaum jemand will mehr bezahlen, als er muss, ob Endverbraucher, Zwischenhändler oder Produzent. Und dass es gesinnungsbasierter ‚Luxus‘ ist, aus weltanschaulichen Gründen anders zu kaufen; ausserdem einer, den sich die allerwenigsten auch leisten wollen oder können. Dass es sich so verhält, sehe ich z. B. am spektakulären Erfolg des Bio-Marktes: nur da, wo es (vermeintlich) der eigenen Gesundheit dient, wird freiwillig draufgelegt, aber auch da nicht etwa zur Stützung ökologisch traditionell wirtschaftender Bauern vor Ort oder in Chile oder Mozambique oder sonstwo. Nein, der eigene Bauch legt es nahe …

    Ich will damit nur sagen, dass Fair Trade m. E. immer eine Mini-Nische bleiben wird, Bio der eigenen Bio zuliebe jedoch nicht – der allzeit gültigen Maxime folgend, dass das eigene Hemd das nächste ist. Das ist nicht schön, aber ‚menschlich‘. Grundlegende Veränderungen zum Besseren sind m. E. von daher nicht zu erwarten, und ich will mir auch nichts mehr vormachen. Dagegen würde ich würde gern meinen Bedarf minimieren, indem ich etwa keine Blumen mehr kaufe. Aber was bewirke ich (und solche, die es genauso machen), damit? Dass der Arbeitsplatz der nicaraguanischen Blumenbinderin u. U. flöten geht. Also: wo ist wirklich Sinn in gutmeinendem Verbraucherverhalten? Ich sehe ihn nicht.

    Was aber bleibt, ist (siehe oben) ein ‚gutes Gefühl‘ … das einen darüber hinwegtäuschen kann, gegenüber dem Elend der Welt nicht ganz untätig geblieben zu sein …

    Lina

    29. März 2009 at 16:11

  94. Ach ja, das noch:

    >>> Das Problem mit HartzIV ist, dass es die soziokulturelle teilhabe gewährleisten soll.

    Ja, das kann es in der derzeitigen Höhe sicher nicht, und wer behauptet, das ginge, ist ein Lügner. In einer soziolkulturellen Unterversorgung sehe auch ich eine Gefahr, aber immer noch keine gewollt herbeigeführte Isolierung (es wäre doch zu dumm, wenn sie die Schar der letztlich zu Versorgenden noch vergrössern wollten – welches Interesse sollten sie daran haben?), sondern ein lügenhaftes, nicht einlösbares Versprechen – also Betrug am Bürger …

    Lina

    29. März 2009 at 16:53

  95. Was den „Ablass“ angeht, so leben im Mexiko, Guatemala und Honduras komplette Dorfgemeinschaften von der GEPA und den Weltläden und haben ein besseres Leben als Bauern in diesen Ländern sonst, sofern sie nichts mit Drogen zu tun haben. Die würden Deutschen, die hier was von „Ablass“ erzählen, aber gewaltig in den Arsch treten.

    Anderes Beispiel, nämlich Klima: Seit Anfang dieses Jahres gilt in Deutschland das Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz. Es schreibt vor, dass neue gebaute Wohnhäuser über eine Solar- oder Erdwärmeanlage, Holzpelletheizung oder sonstige alternative Heizenergiequelle und/oder extreme Wärmedämmung verfügen müssen. Neue Gasheizungen wird man schon in wenigen Jahren nicht mehr bauen. Das ist etwa so, als ob man von heute auf morgen die oberen zwei Drittel CO2-Ausstoßklassen bei PKWs verbieten würde und Gas- Hybrid- und Flexifuelantriebe Benziner und Diesel nahezu komplett ersetzen würden. Nun kann man sagen, die Minderung des CO2-Ausstoßes im deutsche Wohnungsbau ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber anderswo geschehen halt andere Maßnahmen. Selbst Topp-Emissionssünder China baut z.B. gerade eine komplette Stadt auf Niedrigstenergielevel und mit Energieversorgung aus erneuerbaren Energiequellen. Es geschieht nicht genug, deswegen läuft das, was geschieht, aber noch nicht in die falsche Richtung.

    @Fair Trade=teuer: Du wärst erstaunt, wüsstest Du etwas über Cassandras Einkommensverhältnisse.

    @“Briefe an die ‘rote Heidi’ schreiben, Demos veranstalten, Unterschriften sammeln? Wir überschätzen unsere Möglichkeiten – und das ist keine faule Ausrede.“ —– Das heißt doch aber einfach nur, dass viel zu wenig geschieht und mit zu zahmen Mitteln. Nach der dritten Woche Generalstreik und dem vierten Tag Kanzleramtsbesetzung würde man das ganz anders sehen;-)

    che2001

    29. März 2009 at 17:23

  96. Also, in Geld schwimmen tu‘ ich sicher nicht, aber grob 1/4 unserer Lebensmittel ist bio. Und was geht ist fair-trade (Fair-Trade Drittweltkartoffeln machen wenig Sinn)

    Das ist a) eine Frage der Prioritäten und b) eine Frage der Haushaltung. Ich weiss, es ist total out und völlig retro, aber ich wirtschafte sehr sparsam. Ich habe eine vernünftige Mengenabschätzung was wir essen, verwerte Reste und lasse nix vergammeln. Ausserdem ist „Fertigessen“ die absolute Ausnahme.
    Und damit muss man nicht mehr besserverdienend sein, um sich das leisten zu können. Ausserdem fahre ich kein Auto, rauche nicht etc.
    Aber die Bionade am Abend ist drin.

    Ist ja prima, Lina, wenn du keinen Grundkurs mündiger Verbraucher brauchst, aber wenn du das alles weisst, warum behauptest du dann, das es nicht funkzioniert?
    Wie Che schon sagte, davon leben ganze Dörfer, und zwar besser als ihre konventionellen Gegenstücke. Ich halte das für äusserst unterstützenswert.

    Demos etc sind eher wenig erfolgversprechend. Boykotte sind was anderes: denn dann tut das dem Geschäft/der Ladenkette/etc durchaus weh. Erinnert sich hier noch jemand an Shell und die Brent Spar-Plattform? Die haben zum Schluss nicht klein beigegeben weil sie das Gewissen gepackt hat.

    Und wie bereits erwähnt: der Bio-Fair-Trade Kaffee im Supermarkt ist billiger als die Krönung von Jakobs.
    Der FT-Tee im Teeladen ist genauso teuer wie der konventionelle.

    Ich denke, dass hier ist der Kernsatz „ausserdem einer, den sich die allerwenigsten auch leisten wollen oder können“. ich würde mal behaupten, dass es eine Frage des Wollens ist. Wie bereits mehrfach gesagt: auto fahren ist teuer. ich weiss, wenn man fragt braucht jeder das Ding nur, um seine alte, verwitwete Tante ERna im Altenheim zu besuchen, aber keiner fährt um Brötchen zu holen um’s Eck. Ja klar.

    Ich kenn‘ hier in der Nachbarschaft Familien, die sich über 5 Euro für die Klassenkasse beschweren, aber deren Kinder jeden Morgen statt uz Hause zu frühstücken Geld in die hand kriegen, um sich unterwegs ein belegtes Brötchen zu kaufen. Das mag bei seinem nächsten Bäckerbesuch jeder mal selbst nachrechnen wie schnell diese 5 Euro wieder drin wären, wenn man nur wollte.
    Und das gleiche zählt auch für Ökostrom und Co. Und da kann ich das Jammern nun wirklich nicht mehr hören.

    cassandrammviii

    29. März 2009 at 17:54

  97. Cje schrieb: „Die würden Deutschen, die hier was von “Ablass” erzählen, aber gewaltig in den Arsch treten.“

    Und wenn ich mich an die Jungs, die ich selbst aus diesem Umfeld kennengelernt habe, richtig erinnere würde ich einen Arschtritt von denen ernsthaft fürchten.

    cassandrammviii

    29. März 2009 at 18:09

  98. @ Che

    >>> Nach der dritten Woche Generalstreik und dem vierten Tag Kanzleramtsbesetzung würde man das ganz anders sehen 😉

    Zweifellos! Dazu fehlen bloss geeignete Organisatoren, seit die Gewerkschaften ihren Arsch nicht mehr hochkriegen – auch so ein Indiz dafür, dass wir entweder wie Maden im Speck leben oder ins Wachkoma gefallen sind. Oder aber, dass wir in staatsbürgerlich gezähmter Form den Retter nur mehr in Berlin vermuten. Seit Jahren wünsche ich mir einen Volksaufstand und kriege ihn organisatorisch nicht gebacken : für einen neuen, nachhaltig und geruhsam wirtschaftenden Markt, für (globale!) Vollbeschäftigung, für ‚Entschleunigung‘, für ‚Andacht‘ (beim Einkaufen + Essen *g*) für all die Wünsche eben, die zu wenige mit mir teilen (-; …

    @ kassandrammviii

    >>> Ist ja prima, Lina, wenn du keinen Grundkurs mündiger Verbraucher brauchst, aber wenn du das alles weisst, warum behauptest du dann, das es nicht funkzioniert?

    Hab‘ ich das denn? Ich habe von einem Fair-Trade-Nischendasein gesprochen, innerhalb derer ich keine Beanstandungen vorgenommen habe – ausser zu sagen, dass man sich zusammen mit dem FT-Kaffee praktisch auch gutes Gewissen kaufen kann – wofür ich in Mexiko, Guatemala und Honduras in den Arsch getreten werden würde, wie Che sagt; das nehme ich hin, wenn es gerechtfertigt ist (-: …

    Lina

    29. März 2009 at 18:30

  99. Der „post-it note“ und dem Reissverschluss wurden auch nur Nischen zugebilligt.
    Die Grünen würden immer eine Nischenpartei bleiben.
    auch der PC würde nie aus der Nische herauskommen.

    Na ja.

    Marktsegmente richten ihre Grösse nach der Nachfrage.

    cassandrammviii

    29. März 2009 at 18:38

  100. Lina, vergiss den Volksaufstand, wir sind Deutsche.

    ich habe mich entschlossen, nicht mehr zu warten, ob irgdnwer irgendwas gebacken kriegt, sondern heute schon „das Richtige“ zu tun.
    Nicht warten, biss Atom- und Kohlestrom illegal werden, sondern jetzt schon umsteigen.

    cassandrammviii

    29. März 2009 at 18:44

  101. Wer hier meint, mit H4 ginge es doch „uns“ noch Gold, dem sind die Maßstäbe abhanden gekommen, und der sollte wissen, dass ich dergleichen Spitzenscheiß hier nicht zu lesen wünsche. Er sollte weiterhin wissen, dass bei derlei Einlassungen mein Finger über dem Löschknopf zuckt. Insoweit empfehle ich den diversen Mittelschichttussen, die hier in einer Weise sich äußern als wollten sie beweisen, dass die These vom biologischen Schwachsinn des Weibes doch stimmt, die Lektüre der einschlägigen H4-Foren, denen die Realität zu entnehmen ist.

    noergler

    30. März 2009 at 0:44

  102. Du, Nörgler, erst lesen, dann löchen, ok?

    Wie der gute Che schon andeutete: zur Zeit gehören wir selbst zu „H4“.

    Trotzdem können wir uns Bio-Essen, musische Früherziehung für den „Großen“ (das zweite unserer Kinder ist zu jung) privat und nicht über ein Hilfsprojekt, Karate-Verein und Fitnesstudio (ok, „nur“ im Morgentarif) für mich und meinen Mann, Kinderkarate für den „Grossen“ etc leisten.
    Und hungern tun wir auch nicht deswegen. Und der Öko-Strom ist auch noch drin.

    Kleiner Tipp: besuch doch mal einen indischen Slum, wo die Leute nix zu futtern haben. Ich kenn‘ da ein nettes Waisenhaus wo die Geschwister meines Mannes herkommen.
    Dann weisst du, was schlecht ist und dann kommt dir wahrscheinlich das Kotzen, wenn du das Jammern hier hörst. OhmeinGott, da musste jemand sein Auto abschaffen. Mir ist bekannt, dass des deutschen Mannes Ego an seiner Karre hängt, aber: Auto fahren muss nicht sein.

    ich habe 500 Euro Haushaltsgeld im Monat. davon bezahle ich alles auser „grössere Anschaffungen“. Und komme damit hin. Und das tue ich nicht, weil ich Superfrau bin, sondernweil kann man.
    Das ist natürlich eine Entscheidung, die jeder selbst teffen muss. Aber wenn er seine Entscheidung, teuer zu leben trifft, soll er bitte nicht jammern.

    So, und dahin geht meine gute Laune und der Entschluss, Nörgler einfach zu ignorieren wenn er wieder Schwachseinn redet.

    cassandrammviii

    30. März 2009 at 6:12

  103. PS:
    inwieweit irgendeinem Internet-Forum „die Realität“ zu entnehmen ist muss im Einzelfall geklärt werden.

    Wer noch rauchen, saufen und autofahren kann hat nicht zu wenig Geld.

    cassandrammviii

    30. März 2009 at 6:17

  104. Ich habe noch keinen wohlstandrassistischen Neoconnarden getroffen, der mir in einer H4-Diskussion nicht mit dem Verweis auf globale Elendsgebiete gekommen wäre. Wenn aber die Beherrschten schon die Argumente der Herrschenden übernehmen, dann muß man sich auch in der Krise keine Sorgen über den Fortbestand der „alten Scheiße“ (Marx) machen.
    Dieses Blog war mal als herrschaftskritisch intendiert. Der Anspruch hat etwas gelitten seit hier Leute herumschmieren, die zu dumm sind um aus dem Bus zu gucken.

    „Wer noch rauchen, saufen und autofahren kann hat nicht zu wenig Geld.“ Und wer darüber hinaus noch „ficken“ und „fressen“ kann, hat definitiv zu viel. Die Berichterstattung der „Bild“ über „Florida-Rolf“, war das von Dir?

    Da lese ich ständig von „Legitimationskrise“, sehe das aber anders, wenn die Opfer die Täter legitimieren. Rilkes „Armut ist ein stiller Glanz von innen“ ist Dir auf den Leib geschrieben, und die zwei Leipziger Professoren, die einen Regelsatz von 132 Euro als ausreichend berechneten, werden sich künftig auf Dich berufen können. Eine Produzentin von Deppenphrasen, so etwas wird gebraucht in Zeiten der intensivierten Menschenverwaltung.

    Deinen erbärmlichen Armenstolz kannst Du als psychische Entlastungsfunktion gerne weiterhin wie eine Monstranz vor Dir hertragen; es paßt nur nicht zu dem, was dieses Blog einmal wollte.

    Der alleinige Grund, warum ich Deinen Käse stehen lasse, ist die historische Dokumentation. Es soll nicht mir allein schlecht werden von der Gluckenhaftigkeit einer deutschen Kampfmutti, die engagiert umsetzt, was Eva Hermann nur predigt.

    noergler

    30. März 2009 at 9:37

  105. Nörgler, ich denke, das ist von Cassandra anders intendiert, als es rüberkommt.

    che2001

    30. März 2009 at 10:54

  106. @Che: War eigentlich nicht mein Eindruck, daß es hier ein Mißverständnis gebe.

    @Noergler: Es waren Chemnitzer Professoren (Professor war auch nur einer davon).

    David

    30. März 2009 at 11:21

  107. @“ch habe noch keinen wohlstandrassistischen Neoconnarden getroffen, der mir in einer H4-Diskussion nicht mit dem Verweis auf globale Elendsgebiete gekommen wäre.“ —– Ich habe auch schon mal in Kairo in einem Stadtviertel, das nach unseren Maßstäben ein verkommener Drecksslum wäre einen Einwanderer aus dem Kongo die Aufgeräumtheit und den Wohlstand dieser Umgebung rühmen hören. Für sich alleine sagt es nichts aus, legitimiert also so a priori auch nichts. Ansonsten, Cassandra, kann das Thema „Internetforen“ hier auch mal mit Substanz unterfüttert werden, die Somlu z.B. schreibt dazu tolle und kompetente Sachen.

    http://somluswelt.wordpress.com/2008/09/07/132/

    Ansonsten fühle Dich bei Deiner Ehre gepackt. Wir waren einmal miteinander dagegen, haben im gleichen Polizeikessel geschwitzt und eine ziemlich subversive Flüchtlingssoli gemacht. Da liest sich das, was Du oben brachtest in der Tat recht schräg. Nebenbei ist das Argument „Es wird keinen Aufstand geben, weil wir Deutsche“ sind dünn. Mit 1989 in der DDR hätte auch niemand gerechnet, obwohl das die Deutschesten waren. Ich sehe es eher so, dass unendlich zäh und langsam, aber doch sichtbar da etwas ins Rollen kommt, z.B. die Generation um 20 wieder politischere und linkere Leute hervorbringt als das in den vorangegenden Jahrgängen der Fall war, dass aber ehemals aktive Leute, die nichts mehr machen, aus ihrer persönlichen Biografie, in diesem Fall Nicht-mehr-Aktivität, eine Weltsicht machen.

    che2001

    30. März 2009 at 11:33

  108. Ja, stimmt, haben wir. Und damals wussten wir auch, dass Europa reich ist, und „arm“ hier immer noch verdammt gesichert. Dazu haben wir beide zu viele Leute, die wirklich in der Scheisse hockten, getroffen.

    „Wenn Deutsche einen Bahnsteig besetzen wollen, kaufen sie erst mal ein Bahnsteigbillet“. Da waren wir uns auch mal einig.

    Ansonsten, Nörgler: „Mutti“ nennen mich die Leute, die ich geboren habe, und dazu gehörst du sicher nicht.
    Und ich denke, hier ist eine Entschuldigung fällig.

    cassandrammviii

    30. März 2009 at 12:45

  109. Oder jene Genossin, die seit 7 Jahren Sozialhilfe bezog und sich als „reich“ bezeichnete, weil sie in ihre Definition von Wohlstand die Verhältnisse Pakistans und Ägyptens mit einbezog…..

    Es kommt hier immer darauf an, wer etwas schreibt, und ich schätze mal, dass der Nörgler Dich da in eine Schublade einsortiert hat, in die Du nicht gehörst.

    che2001

    30. März 2009 at 13:07

  110. @ Noergler

    Da komme ich gerade vom Bus (viel gesehen übrigens!) und lese:

    >>> „Dieses Blog war mal als herrschaftskritisch intendiert. Der Anspruch hat etwas gelitten seit hier Leute herumschmieren, die zu dumm sind um aus dem Bus zu gucken.“

    Nein, das soll nicht sein: dass der Anspruch leidet! Auch Ihrer Empfehlung, dass „die diversen Mittelschichttussen, die hier in einer Weise sich äußern, als wollten sie beweisen, dass die These vom biologischen Schwachsinn des Weibes doch stimmt“, sich anderer Informationsquellen und/oder Kommunikationsmittel bedienen mögen, folge ich gerne insofern, als ich selbst diese These jederzeit offen in den Raum zu stellen bereit war + bin: ihr Hirn hat weniger Gewicht (-; . Es sollte allerdings insofern Gewicht haben können, als es sich beim Weibe um den hälftigen Teil der herrschaftskritischen Bevölkerung handelt, der so oder so gehört werden will – durchaus auch einmal bodenständig, wie es ihrer ‚praktischen‘ Natur entspricht; die ist es nämlich, die sie in die Lage versetzt, zugunsten der Ihren selbst den widrigsten Bedingungen etwas abzugewinnen …

    PS: Die Art + Weise, wie Sie unsereiner hier zu ‚Mittelschichtstusse‘ und/oder ‚Kampfmutti‘ abqualifizieren, finde ich – gemessen am Anspruch, den sie reklamieren – haltlos und ungerechtfertigt.

    Lina

    30. März 2009 at 13:31

  111. Es kommt für mich, Cassandra, so rüber, als ob das, was Du schreibst – und was anderes als Sätze habe ich hier ja nicht -, Teil eines Diskurses wäre, der sagt, den faulen Säcken geht’s noch viel zu gut, und wenn man H4 – von Wolfgang Pohrt zutreffend als „Verelendung der Armen“ bezeichnet – noch weiter kürzt, dann wirkt das noch stärker motivierend, sich endlich mal eine Arbeit zu suchen.

    Ich will aber gerne glauben, dass das nicht Deine Schiene ist, und relativiere dann insofern meine Äußerung von 9:37.

    noergler

    30. März 2009 at 17:19

  112. Das habe ich nicht geschrieben.

    was ich schreibe, und dazu stehe ich, ist, dass niemand gleichzeitig Luxusgüter wie Zigaretten kaufen kann und behaupten, dass er sich 50 Cent mehr für ein Bund FT-Bananen nicht leisten kann ohneneinen Sprung in der Logik zu haben. Und habe kurz vorgerechnet, dass das geht. ZUnd damit ist der Beweis erbracht, dass man nicht hexen können muss um sich so was zu leisten. Das hat was mit Respekt vor der Arbeit anderer zu tun- denn auch der Bananenbauer will essen, sich kleiden und was lernen.

    Das hat was mit Solidarität zu tun, und die tut manchmal halt weh.

    Das hat was mit Ausbeutung in der Dritten WElt zu tun, über die über diesen ganzen „wer kann sich hier was leisten und warum oder auch nicht“ vergessen wird.
    Denn wer hier Handelsverhältnisse stärkt, in denen sich Menschen woanders teilweise nicht mal nen Teller Reis leisten können, der sollte sich schon fragen, ob er gerecht handelt. Und was er als Legitimation dafür benutzt.

    Und ansonsten denke ich noch immer, dass da eine Entschuldigung fällig ist.

    Und ausserdem würde ich einen kurzen Blick über den Tellerrand empfehlen. Ich kenne immer noch ein nettes Kinderheim in Bengalore. Da lebt eine Frau, die als Mädchen dort abgegeben wurde und jetzt da arbeitet. Sie hatte Nierenversagen als Mädchen. Als ihre
    Nieren versagten hatte sie Glück: das Kinderheim trieb erst die Spenden für die Dialysen, dann die Kosten für die Spendersuche und dann auch noch für
    die OP auf. Das ging, weil es das Auslandsnetzewrk durch die Adoptionen gibt. Hätte sie dort nicht gelebt, sondern immer noch auf der Strasse, wäre
    sie krepiert.

    Und wer ignoriert, dass das in der BRD nicht passiert, ist entweder blind oder ignoriert, was nicht sein darf.

    cassandrammviii

    30. März 2009 at 19:38

  113. Tja Nörgler, mal ein paar biographische Daten:

    Kind eines ungelernten Arbeiters, Mädchen vom Land aus bildungsferner Familie
    meinen Wunsch, auf’s Gymnasium zu gehen musste ich durchsetzen- trotz der entsprechenden Schulnoten und der Empfehlung der Schule.
    gelernt habe ich teilweise heimlich, da es zu Hause einfach nicht ok war „ständig die Nase im Buch“ zu haben
    dazu eine Körperbehinderung mit erwägter Sterilisation
    im Studium kürzten mir meine Eltern auch schon mal die Unterhaltszahlungen auf 75 Mark pro Monat
    irgendwann auf‘ Geld von zu Hause geschissen und angefangen zu arbeiten.

    Und zwischendurch gelernt, dass ich kein Opfer bin, sondern eine handelnde Person.

    cassandrammviii

    30. März 2009 at 19:55

  114. @ kassandrammviii

    >>> „Und zwischendurch gelernt, dass ich kein Opfer bin, sondern eine handelnde Person.“

    Alle Achtung! Was Du hiermit vorteilhaft zum Verständnis Dritter herauskehrt hättest. Aber warum? Hast Du das nötig? Es braucht m. E. keine solche Verteidigung gegenüber einem Nörgler, dessen Hauptaugenmerk der Herrschaftskritik an sich und dem Klassenkampf um seiner selbst willen gilt und der sich über persönliche Relationen, Ansätze, Antriebe, Motive, Taten so erhaben zeigt, dass es ihm dabei schwer an Anstand gebricht …

    Lina

    30. März 2009 at 21:20

  115. Ach Lina, du liest den Nörgler höchst oberflächlich – eigentlich gar nicht – wenn du meinst, ihm ginge es um „Klassenkampf um seiner selbst willen“.

    Im Übrigen, liebe Lina, argumentierst du im Augenblick tatsächlich wie eine Klassenkämpferin, genauer gesagt, wie eine Frau, die sich im neoliberalen Wahn den Diskurs der herrschenden Kreise zu eigen gemacht hat, im Kampf gegen das Prekariat, im Kampf gegen die Schwächsten und Schutzbedürftigsten in dieser unseren Gesellschaft, – einer Gesellschaft, der du (überwiegend) den dir eigenen und von dir gelebten Wohlstand verdankst.

    Wenn du magst, schreibe ich dir genauer, was ich meine.

    Norman. O. Kon.

    30. März 2009 at 22:37

  116. Wisst ihr, es ist ja jetzt schon eine ganze Weile, dass ich aus gutem Grund nicht mehr mit oich rede, aber lesen kann man das wirklich auch nicht mehr.

    Ich wünsche Mutter Herrmann dann viel Erfolg beim weiteren errichten Ihrer rechtsreaktionären arisch weissen Bruderschaftennation, oder wie diese Spinner von überm Teich, für die Sie jetzt seit Monaten hier Werbung macht, auch immer heissen mögen.

    Das wars dann …

    Loellie

    30. März 2009 at 22:44

  117. Lina, die wirklich saftigen Dinge hab ich für mich behalten, die gehen keinen was an und sind völlig unrelevant.

    cassandrammviii

    31. März 2009 at 5:40

  118. @ Norman. O. Kon

    >>> .. du liest den Nörgler höchst oberflächlich – eigentlich gar nicht

    Ich lese ihn mit grossem Gewinn (und Vergnügen) als einen scharfen Denker und einen grossen Schreiber – seit gestern – sorry! – auch als einen, dem zur Abrundung seiner Gaben, zum genialen Finish sozusagen, die Manieren fehlen.

    Mit freundlichen Grüssen,

    Lina,

    der als …

    >>> Klassenkämpferin …
    >>> im neoliberalen Wahn …
    >>> im Diskurs der herrschenden Kreise ….
    >>> im Kampf gegen das Prekariat …
    >>> die Schwächsten …
    >>> und Schutzbedürftigsten …

    … ob dieser Schmonzette von Ferndiagnose die Morgentränen kommen. Nein, danke, nix für ungut, aber genauer muss ich nicht wissen, wie’s gemeint ist …

    @ Kassandra:

    Jaaaaaaaaaaaa, lass‘ die Saftpresse im Schrank (-; …

    Lina

    31. März 2009 at 7:11

  119. Liebes Tagebuch,

    das Familientreffen in der „Subjektiven Wissenschaft“ war heute wieder einmal ganz besonders schrecklich. Schon vor dem Mittagessen nervte uns Opa Zettel mit seinen Reden und seinem professoralen Stil, in den er seine beschränkt-positivistische Weltsicht einzupacken pflegt.

    Beim anschließenden Kaffee musste dann Tante Kassandra wieder einmal ihre ganze Lebensgeschichte erzählen, wie sich damals hochgearbeitet hat und welche Bananen sie kauft und alle haben sich fürchterlich gelangweilt, denn mit Kassandrascher Wahrsagekunst hatte das nichts, mit einer „Was für mich gilt, gilt für alle“-Haltung, hingegen sehr viel zu tun.

    Aber als ich dachte, es geht nicht mehr schlimmer, kamen Vetter Normann und Onkel Nörgler zu Wort, zwei hysterische Moraltrompeter, wie man sie sich nicht besser ausdenken kann, und gaben dieser ganzen Veranstaltung den Rest.

    Nach dem Abendessen sprang plötzlich Bruder Urfaust, der den ganzen Tag lang nichts gesagt hatte, auf und riss weit die Fenster auf, wobei er brüllte: „Ihr Stümper, ihr wisst gar nicht, was subjektiv ist, ich zeige euch, was subjektiv ist. Da unten ist eine wunderschöne Wiese mit schönen Frauen, bestem Wein und Göttern, die Gitarren spielen!“ und sprang heraus. Es war aber immer noch der fünfte Stock, und unten war immer noch derselbe Parkplatz.

    Naja, war einfach ’n scheiß Tag gestern.

    Urfaust

    31. März 2009 at 11:48

  120. Das Highlight des Monats, danke!

    David

    31. März 2009 at 14:27

  121. Rein wissenschaftlich betrachtet, also objektiv gesehen, war das dann ein verheerender Sprung.

    (*hrmpf* 😉 )

    Norman. O. Kon.

    31. März 2009 at 16:07

  122. Na, zumindest wurde insgesamt doch etwas geboten 🙂

    che2001

    31. März 2009 at 16:50

  123. Fair getradet, Che :-)) !

    Lina

    31. März 2009 at 16:58

  124. Bemerkenswert übrigens, dass hier Castaways wie Loellie und Alsentinels wie Urfaust auftauchen. Sollte mich nicht wundern, hier demnächst etwas von KKS zu lesen 🙂

    che2001

    1. April 2009 at 13:23

  125. Zumal als Freischalter kannte ich alle DCT-Sentinels recht gut. Ein „Urfaust“ war mir bislang nicht bekannt. Dieses Rumpelstilzchen, das weder das von Zettel noch das von mir Geschriebene versteht, scheint mir eher der Outbreak eines Genlabors, wo sie diese Experimente machen, die hinterher von der Regierung geleugnet werden.

    Zettel hatte ’nur‘ den Fehler begangen, mit seiner Albernheit ‚linke Ideologen reden die genetische Determinante klein, weil sie sonst zugeben müßten, dass der Sozialismus nicht funktioniert‘ ein Faß aufzumachen, das er nicht wieder zubekam. Als er merkte, dass der Schuß ins eigene Knie nur ihn schmerzte, war es schon zu spät, und sein Ablenkungsmanöver, das auf seiner Fehlbewertung beruhte, er sei hier der einzige, der „Stochastik“ buchstabieren kann, machte alles nur noch schlimmer.
    ________________________

    Na gut, OK, dann entschuldige ich mich eben, Cassandra.
    Aber über die Frage, ob Zigaretten, wie Du meinst, „Luxusgüter“ sind, werden wir uns nicht einigen. Ich halte es auch nach wie vor für sachlich unangemessen, einem armen Teufel vorzuhalten, wenn er raucht oder sich die Kante gibt. Grund genug hat er ja dafür.

    Ebensowenig werden wir uns in einem weiteren Punkt einigen, der das hier betrifft: „Denn wer hier Handelsverhältnisse stärkt, in denen sich Menschen woanders teilweise nicht mal nen Teller Reis leisten können, der sollte sich schon fragen, ob er gerecht handelt.“ Man sollte gewiß überlegen, wie man konsumiert, und es gibt Beispiele für erfolgreiche Konsumentenboykotte. Einerseits.

    Andererseits mag ich den Politikersprech nicht, der sagt: „Der Verbraucher hat es in der Hand.“ Der sog. Verbraucher hat nämlich die globalen Warenströme, Finanztransaktionen und Militärmaßnahmen definitiv nicht in der Hand. Es entspricht nicht der Realität, dass der Markt Produktion und Distribution in der Freiheit von Angebot und Nachfrage regelt. Die Wirklichkeit sieht vielmehr so aus:
    Wirtschaftsmacht ist die militärische Macht, sie durchzusetzen.
    __________________________

    Weil oben der Begriff „Klassenkampf“ thematisiert wurde:
    Die revolutionspathetische Aufladung erfolgte erst durch den Nachmarxschen Arbeiterbewegungsmarxismus. Bei Marx selbst bedeutet „Klassenkampf“ den Widerstreit gleichberechtigter (!) und einander gleichgeltender Interessen in der Konkurrenz der Revenuequellenbesitzer: Proletarier wollen viel Geld vom Kapitalisten für wenig Arbeit, Kapitalist will viel Arbeit vom Proletarier für wenig Geld. Der Klassenkampf ist also, nach Marx, eine kapitalismusimmanente Veranstaltung ohne systemtranszendierenden Charakter.

    Nicht die geringste Verheerung, die die Marxisten anrichteten, ist, „Klassenkampf“ mit der Revolutionsgloriole zu umnebeln. Statt den Begriff jedoch wenigstens komplett umzudefinieren, behielt man seinen Bezug zu Lohnkämpfen bei, die nun aber ihrerseits, in krassem Gegensatz zur Marxschen Theorie, als irgendwie revolutionshaltig verstanden wurden.
    Das ist einer der Gründe, warum diese Pfeifen nie auch nur irgendwas gerissen haben.

    noergler

    1. April 2009 at 18:40

  126. Janun, diese „Pfeiffen“ haben immerhin, phasenweise, und das dann sogar erheblich, zur Besserung von Arbeitsbedingungen und Entlohnung beigetragen. Sie waren mal ein ernsthaftes Gegengewicht zum Wirtschaftslager.

    Wenn man wieder dahin käme, wäre das gar nicht so schlecht.

    Ein wenig Kräftegleichgewicht tut einer Gesellschaft gut – und das Kräfteungleichgewicht von heute ist: schlecht.

    Es gibt zwischen stark Ungleichmächtigen kaum einen gerechten Handel, kaum einen gerechten Vertrag. Das ist ja auch genau der Grund, warum der Welthandel von der Wurzel an faul ist, das ist der Grund, warum er oft eher Armut und Ausbeutung befördert (und zwar in beide Richtungen!). Ungleichheit erzeugt Ungleichheit.

    Anyway, welchen großen Sinn macht es, sich über solche Fragen – oder beispielsweise wissenschaftliche Fragestellungen zu unterhalten, wenn man wie Che glaubt, dass sowieso alles total subjektiv ist und jegliche Bestrebung der Objektivierung verfehlt sei?

    Oder habe ich Che falsch verstanden, welcher jeder Wissenschaft ihre Objektivität (bzw., das wäre m.E. eine weit bessere Formulierung, ihr Streben nach Objektivität) abspricht?

    Che, warum forscht du? Deines individuellen, hochredundanten subjektiven Standpunktes wegen, einem Standpunkt, der dann gleichwertig zu jedem anderen Standpunkt ist, weil ja`eh subjektiv?

    (Urfaust liegt derweil zerschmettert am Boden, weil er im Wahn das Objektive und Subjektive vertauscht hat – heimlich hoffen wir auf weitere Beiträge, quasi auf Wiederauferstehung)

    Norman. O. Kon.

    1. April 2009 at 20:28

  127. Nein, deswegen forsche ich nicht, und ich halte auch nicht alles für subjektiv – ich halte nur weite Felder wissenschaftlicher Forschung, vor allem dann, wenn ein unhinterfragter Positivismus die Voraussetzung bildet für mit gefährlichen Fallen behaftet, die fast immer mit Vorurteilen und falscher Projektion zu tun haben. Es geht mir nicht darum, dass ich an Wahrheit oder Objektivität zweifle, sondern viel eher an ihrer Erkennbarkeit und der Eignung der verwendeten Instrumente, sie zu erkennen.

    chezweitausendeins

    1. April 2009 at 20:48

  128. “ .. haben immerhin … zur Besserung von Arbeitsbedingungen und Entlohnung beigetragen.“
    Das waren die Arbeiter selbst und deren gewerkschaftliche Organisation. Die revolutionäre Avantgarde der Marxisten ist bloß hinterdrein geschlappt wie die alte Fasenacht, hat die Arbeiter nachträglich gelobt und festgestellt, dass die doch schon ziemlich dolle revolutionär wären.
    Aber dann, ach, waren sie doch wieder bloß „Klasse an sich“ und nicht „Klasse für sich“, und wieder war’s nix. Ursachen waren dann „korrupte Arbeiterführer“, „die bestochene Arbeiteraristokratie“ oder das schlechte Wetter.

    noergler

    1. April 2009 at 21:40

  129. Zwischen der Revolution als Absicht, Klassenkampf als oszillierendem Ausgleich zwischen Klasseninteressen und so etwas wie radikalem Reformismus, also mit Streiks, Boykotten und direkten Aktionen von unten her politische Zugeständnisse erzwingen zu wollen (oder auch: dies zu erreichen, wenn man eigentlich Revolution will) gibt es dann noch viele Nuancen, die ein eher buntes Bild ergeben.

    chezweitausendeins

    1. April 2009 at 21:53

  130. Che, dann weißt du also für dich und deine Genossen, was du für richtig hältst. Weit weg von den verfluchten „Positivisten“, da findet sich für dich deine Wahrheit.

    Das heißt, die Mischpoke der Positivisten, die an die wissenschaftliche Annäherung an eine Wahrheit glaubt, beziehungsweise noch etwas komplizierter, bloß an den Nutzen dieser Bemühung, die kannst du dann für naiv halten – während du, Kraft kritischen Bewusstseins, grundsätzlich über ihr stehst.

    Das nenn ich komfortabel.

    Oder habe ich da falsch verstanden?

    ++++++++++++

    Nörgler, ich glaube, jetzt verstehe ich besser, wen du meinst. Die marxistische Avantgarde, und ihre schlimmen Fehlurteile. Ich bin leider nicht historisch genug bewandert und außerdem fehlen mir die notwendigen Kenntnisse, aber mein Eindruck ist, dass dein Urteil im Wesentlichen zutrifft.

    Allerdings halte ich für denkbar (beurteilen kann ich das nicht), dass ebenjene „revolutionäre Avantgarde“, trotz vieler Fehler und Fehleinschätzungen, ebenfalls nützliche Beiträge geleistet hat. Womöglich war z. B. deren Propagandaarbeit in der Summe sogar nützlich – und ein wichtiges, ausgleichendes (!) Gegengewicht zu voreiligen Reformisten innerhalb der Arbeiterschaft.

    Vielleicht war z. B. die von der „Avantgarde“ mit Propagandamitteln geschaffene Drohkulisse einer Revolution ein entscheidendes Pfund zur Durchsetzung berechtigter Forderungen.

    Insofern, um den Bogen ins Aktuelle zu drehen, sind vielleicht einige randalierende Gipfelgegner in ihrer „revolutionären“ Entschiedenheit auch nützlich.

    Als Drohkulisse. Die unfreundlichen Managerbesuche in Frankreich und Spanien, die fand ich unter diesem Aspekt ziemlich klasse. Als Schrecken für die herschenden Eliten.

    Norman. O. Kon.

    1. April 2009 at 22:42

  131. Norman, bislang hast Du ALLES falsch verstanden.

    chezweitausendeins

    1. April 2009 at 23:12

  132. Prima, dann gilt einfach das Gegenteil.

    Norman. O. Kon.

    2. April 2009 at 6:37

  133. Du hattest oben zum Beispiel zum Thema „Kampf um die Diskurshegemonie“ etwas geschrieben, was nur schreiben kann, wer von diesem ideengeschichtlichen Topos keine Ahnung hat. Ich vermute mal sehr, dass Du mit dem Namen Gramsci nichts anfangen kannst, oder?

    Hinsichtlich der Positivismuskritik ist meine eigene Position eher einem „ich weiß, dass ich nichts weiß“ näher als der hybrischen Selbstgewissheit bestimmter positivistischer Naturwissenschaftler oder Frühgeschichtler, wobei ich allerdings schon über das Faktenwissen verfüge, ihnen an dieser und jener Stelle Fehler und Schnitzer nachweisen zu können. Über beide Themen können wir uns auch ausführlicher unterhalten, wenn Du magst.

    chezweitausendeins

    2. April 2009 at 16:57

  134. Che, der Abkanzler. Okay, aber das war nur im ersten Absatz der Fall mit einem verärgerten „Du hast keine Ahnung“, der dann im zweiten Absatz abgemindert wird mit a) „ich verfüge allerdings schon über Faktenwissen“ und b) einem Gesprächsangebot.

    In der Summe, jedenfalls nach meinem subjektiven Empfinden, ist das schon ganz gut. Wenn wir uns, am Ende der Diskussion, vielleicht darauf einigen können, dass eine politische Strategie zur Erringung von „Diskurshegemonie“ in Kultur/Politik eine tendenziell autoritäre und auf Machtakkumulation zielende Strategie darstellt, und gegen Diskursvielfalt gerichtet ist, wäre ich sogar hocherfreut.

    Mal sehen. Noch schöner wäre es natürlich, wenn so ein Dialog zur Reanimation von Urfaust taugen würde.

    Aber ach, ich fürchte, das sind nur Knabenmorgenblütenträume.

    Nebenbei, heute war doch ein wunderschöner Frühlingstag, oder?

    Norman. O. Kon.

    2. April 2009 at 20:08

  135. Nochmal zu der Ausgangsthematik zurück: In einem Intelligenztest nach dem Multiple-Choice-Verfahren würde als „unintelligent“ eingestuft, wer mehr als einen richtigen Punkt ankreuzt oder kritische Randbemerkungen schreibt, weil er das Testverfahren doof findet und evt. mehr weiß als der Testersteller selber. Besonders HOHE Intelligenz würde also aus dem Raster fallen und könnte IQ-mäßig gar nicht mehr erfasst werden. QED…

    chezweitausendeins

    19. Mai 2009 at 22:28


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