shifting reality

Es gibt kein richtiges Lesen im valschen!

Archive for the ‘Staat=Markt?’ Category

Blick zurück nach vorn

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Von den Medien unbeachtet und zum Teil auch bewusst totgeschwiegen ist es in den letzten Wochen und Monaten in Deutschland zu gemeinsamen bzw. miteinander solidarischen Streik- und Protestaktionen von Studierenden, Werktätigen und Arbeitslosen gekommen. Insbesondere GewerkschafterInnen und Antifas kamen sich dabei so nahe, dass einige jetzt schon von der Gewantifa sprechen: Neu im Entstehen begriffene politische Zusammenhänge aus gewerkschaftlichem und Antifamilieu. Seit Anfang November 2009 protestierten Zehntausende SchülerInnen und StudentInnen gegen die Verschärfung von Lern- und Studienbedingungen. Bundesweit wurden Dutzende Hörsäle und Schulen besetzt und Straßenkreuzungen blockiert wie am 17.11. in Essen. Gleichzeitig gab es zahlreiche spontane und teilweise autonom, d.h. unabhängig von Delegiertenversammlungen der Gewerkschaften, Betriebsräten oder Urabstimmungen durchgeführte Streiks gegen Arbeitsplatzvernichtung und für höhere Löhne: Im Oktober blockierten beim Autozulieferer akata in Aschaffenburg 1.000 streikende KollegInnen die Werkstore. Die Blockade wirkte sich durch den Stau anliefernder LKWs bis auf die Autobahn aus. Im Oktember streikten bundesweit 10.000 GebäudereinigerInne 10 Tage lang für mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen. Anfang Dezember gab es bei Mercedes in Sindelfingen einen mehrtägigen spontanen Streik von 12.000 ArbeiterInnen gegen Massenentlassungen; 200 davon blockierten die B 10 bei Stuttgart. Im Oktober unterstützten Studierende aktiv den Streik der GebäudereingerInnen u.a. durch Teilnahme an Demos und Streikposten. Umgekehrt bekundete die IG BAu ihre „absolute Solidarität zu den Studentinnen und Studenten im Bildungsstreik“. Anfang November fand in Belin eine von Studis und Gewrkschaften organisierte Veranstaltung „Bildungsstreik meets Klassenkampf“ statt, bei der über Hintergründe und gemeinsame Perspektiven der aktuellen Kämpfe diskutiert wurde. In Berlin solidarisierten sich streikende Studis mit dem Streik der Mensa-Beschäftigten. Das Besetzungsplenum der Stuttgarter Universität hat den Daimler ArbeiterInnen vorgeschlagen, künftig gemeinsame Aktionen durchzuführen und das jeweilige Vorgehen miteinander zu koordinieren, unter anderem mit dem Hinweis, dass man mit Leuten wie Dr. Thomas Webwer, Vorstand bei Daimler und Mitglied im Unirat auch ganz unmittelbar gemeinsame Gegner habe.

Bin gespannt, was da noch kommt. Vielleicht gibt es ja wirklich einen heißen Frühling.

http://www.labournet.de/solidaritaet/index.html

Written by chezweitausendeins

1. Januar 2010 at 19:13

STERNSTUNDE

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Eine absolute Sternstunde hatten wir 1992 im Seminar für Politikwissenschaft, als über die bevorstehende Asylrechtsabschaffung diskutiert wurde und ein RCDSler meinte, die vielen Asylbewerber wären für den steuerzahler einfach eine finanzielle belastung, die nicht zu verkraften sei. Ein Freund und Genosse von mir erwiderte darauf, verglichen mit den 17 Millionen Wirtschaftsasylanten, die die BRD 1990 aufgenommen hätte wären die doch ein Klacks. Unser Gegenüber war sprachlos und doch nahe an der Raserei.

Christiania als Modell der New World Order

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Oder: Wie marktradikales Denken dem real existierenden Kapitalismus den Boden so dermaßen unter den Füßen wegzieht, wie nicht mal Christian Klar es könnte.

Man kennt sie ja zur Genüge, jene konservativ-liberalen Argumente gegen soziale Experimente, die diesen das Existenzrecht absprechen, weil sie auf Kosten Dritter, namentlich des Steuerzahlers, des Staates oder der „Gemeinschaft“ (ein Schelm, wer „Volks“- dabei denkt) gingen. Ähnlich wie bei Bastiats Parabel vom zerbrochenen Fenster, bei dem es eigentlich nur darum geht, dass der Spießer seine Angst ums Geld zu einem Gedankengebäude rationalisiert, funktioniert eine solche Argumentationsweise zwar im Horizont eines Bilanzbuchhalterdenkens, Politik und Geschichte aber gehen zumeist andere Wege. Und die Bilanzbuchhalterdenke lässt für letztere Faktoren entscheidende Dinge wie menschliche Würde, soziale Perspektiven, Wege der politischen Willensbildung, spezifische Gruppeninteressen usw. einfach völlig außen vor und ist daher auch gänzlich ungeeignet zur Beschreibung des Politischen oder Sozialen. Nun hat der Großmeister des zum Prinzip erhobenen sozialen Vorurteils und des als journalistische Kategorie preisgekrönten Dummschwätzens, der Broderich, einen hochnotpeinlichen Artikel zu seinen Erlebnissen in Christiania („Mami, die pösen Hippies ham mir die Kamera weggenommen!“), und das führte einen Kommentator bei den Bissigen Liberalen zu diesen schönen Formulierungen:

„Gibt es per Saldo nennenswerte Sozialtransfers in dieses Gebilde?
Falls ja (was ich vermute), ist Christiana also nicht selbständig überlebensfähig sondern braucht die Allimentierung von Außen.
Damit ist es aber kein Modell für eine Gesellschaft.
Denn ganze Gesellschaften müssen insgesamt per Saldo ohne Transfers von Außen auskommen. Sonst sind sie nicht “nachhaltig”.“ —–

Denkt man diese „Ich bin für die Schließung aller selbstverwalteten Jugendzentren“ – Logik auf der Ebene kompletter Gesellschaften, auf die der Autor sie ja selbst gehoben hat zu Ende, landen wir bei einem knallharten Antiimperialismus.
Daraus folgt nämlich, dass die USA kein Modell für eine Gesellschaft sind (praktisch vollständig von den Transfers der öligen Emire, chinesischer, indischer und europäischer Investoren abhängig), die Schweiz ist das erst recht nicht (ein Großteil ihre Wirtschaftsmodells basiert nur darauf, Gelder aus anderen Ländern dorthin zu transerieren), die Industriestaaten insgesamt sind nicht legitimierbar, da sie vom Transfer von Rohstoffen außerhalb ihres eigenen Hoheitsgebiets anhängig sind zu Preisen, die von den Rohstoffexporteuren zum großen Teil nicht aktiv mitgestaltet weden können, aber natürlich sind die Entwicklungsländer, die wiederum vom Geldhahn der Industriestaaten abhängig sind, ebenfalls nicht legitimierbar. Christiania als Modell zur Deligitimierung der gesamten Weltordnung, das lob ich mir!

Nachtrag zu einer alten Debatte

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Zu den Mucken und Tücken eines Ansatzes, um dessen Richtigkeit, Plausibilität und Reichweite Momorulez, Nörgler, T.Albert und ich uns heftigst gefetzt hatten kommt hier nochmal eine Perspektive, die das Ganze in eine neue Richtung aufspannt; ist allerdings reichlich sperriger Stoff.

http://www.wildcat-www.de/wildcat/66/w66hartm.htm

Steht der Iran vor einer neuen Revolution?

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Bezeichnend, dass sich in der Blogwelt bislang eher wenige Leute dazu Gedanken zu machen scheinen, außer halt IranerInnen.

Unterwegs im Zug

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Da saß ich im Großraumwagen und hörte, wie sich zwei Studenten unterhielten. „Die Polizei holt inzwischen die übermäßig betrunkenen Fußballfans aus den Zügen, die kommen nicht nur nicht zum Spiel, sondern erst gar nicht in den Zielbahnhof, zumindest ist das der Plan. Auch noch nach dem Spiel werden die aufgegriffen und fahren erstmal ne Nacht ein.“ „Sehr schön, es wird die Zeit kommen, da macht man das mit allen ernsthaft Betrunkenen, wenn die sich in der Öffentlichkeit zeigen.“ „Übertriebener Alkoholkonsum sollte generell verboten werden.“

Na toll, jetzt sagen so etwas schon STUDENTEN. Das kann ja in Zukunft heiter werden mit solchen Mutanten in den Bildungsschichten.

Ich sag zu meinem Dealer: Heute Tequila

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So weit kommt´s noch. Scheinbar nähern wir uns wirklich step by step einer neuen Prohibition. Gruselige Vorstellung, was hier unter Gesundheitspolitik verkauft wird. Wenn die letzte Bar für Nichtclubmitglieder off limits, die letzte Eckkneipe durch eine Burgerbude ersetzt, das letzte Weinregal mit Fitnessdrinks gefüllt und der letzte Feinkostladen zum Reformhaus geworden ist werdet Ihr feststellen, dass man bei der Apotheke nachts um halb eins kein Bier bekommt.

http://magazine.web.de/de/themen/nachrichten/deutschland/8098310-Alkohol-und-Tabak-nur-noch-auf-Rezept,cc=000005507900080983101uZHOY.html

Ja nee, is schon klar

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Als ich, als es in Griechenland zu schweren Krawallen und in Island zu Massendemonstrationen unter Beteiligung der Bevölkerungsmehrzahl kam schrub, das wäre erst der Anfang und die Wirtschaftskrise würde zu Riots in der Art der 80er-Jahre-Brotpreisrevolten nicht mehr nur in Schwellenländern, sondern auch in den Metropolen führen wurde mir in der Blogwelt fast geschlossen gesagt, das sei linkes Wunschdenken und geschähe auf keinen Fall. Dabei habe ich mir das gar nicht gewünscht – Krawalle, die hauptsächlich zerstören und kein klares politisches Ziel haben finde ich nämlich überhaupt nicht wünschenswert. Ich postulierte nur, aus dem schöpfend, was ich an politischer Analyse so gelernt habe, dass es so kommen würde. Nach dem, was dann in London, Straßbourg, Moldawien und jetzt am 1. Mai in Berlin und Hamburg so passiert ist und den panischen Reaktionen deutscher Politiker, die zwischen diesen Ereignissen und den Warnungen von GewerkschafterInnen vor sozialen Unruhen entweder keinen Zusammenhang sehen wollen oder unterstellen, diese seien herbeigeredet wage ich schon mal zu fragen, wer denn bislang eher rechtgehabt hätte.

*grins*

London im Ausnahmezustand

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Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen – ausgerechnet die Royal Bank of Scotland wurde gestürmt, Möbel geradegerückt und Räumlichkeiten verwüstet. Wie war das noch damit, dass Athen kein Fanal für kommende Unruhen gewesen sei?

Written by chezweitausendeins

1. April 2009 at 17:21

Solidarität im neuen Format

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Das war schon Klasse heute. Nicht nur eine gute Demo, sondern ein weltweiter Zusammenhang, ein internationaler Großkampftag sozusagen. Hoffe mal, dass das erst der Auftakt für einen heißen Frühling war!

http://www.28maerz.de/

Written by chezweitausendeins

28. März 2009 at 18:49