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Ich sach’s ja …
… das ist es, was da mitschwingt beim Gerede über den „Messias“ und „Erlöser“, den alle in Obama angeblich sehen würden, jenem Obama, der sich angeblich nur mit „Parolen“ wie „Yes we can!“ und dem Kopieren von Fernsehpredigern hätte durchsetzen können:
Yes, he can! (das gibt den Abwatsch-Preis für die naheliegendste Überschrift)
Das hat man ja auch nicht alle Nächte, daß man tatsächlich nicht gut schlafen kann und dann irgendwann um 5 Uhr den Fernseher noch mal einschaltet. Uff, alles gut gegangen. Jetzt freue ich mich drauf, daß auch „wir“ bald einen schwarzen Bundeskanzler oder eine lesbische Deutsch-Türkin als Präsidentin haben.
Aber ach nee, das haben „wir“, vollends aufgeklärt, ja gar alles nicht nötig, so als kollektive Nicht-Rassisten, sowas sind ja immer nur die Amerikaner. Hübsch, wie DIE WELT auf den Mythos vom Voodoo-Zauberer anspielt und ihn mit dem Topos der „Verführung“, in den 50ern ja schon mal trendy, und dem Verfallen-Sein an’s Religiöse kombiniert. Genau in der Zeitung, wo man ansonsten der „christlich-jüdischen Tradition“ huldigt. Wobei übrigens Funny van Dannen natürlich ganz recht hat, daß auch schwarze, lesbische Behinderte ätzend sein können …
Die höchste Wahlbeteiligung seit hundert Jahren, das ist schon immens, was der Obama da gerissen hat. Zettel weiß zu berichten, daß 77% der Erstwähler für ihn stimmten, das nenne ich Mobilisierung – vielleicht gibt es ja trotz Jahrzehnten neoliberaler Indoktrination doch noch eine Chance für die Demokratie. Mehr Demokratie wagen! Aber der Willy war ja auch nur so ein Charismatiker, und doch: Einen Text wie in DIE WELT hätte über den niemand je geschrieben. Über George W. Bush vielleicht schon, vielleicht sogar hier, das sei zugegeben ….
Ach, wenn man mal zustimmen kann, sollte man das tun!
Hoffen wir mal, daß es wirklich klappt, toi, toi, toi, bin da ja schon noch ängstlich – „Signed, Sealed & Delivered, I’m Yours!“ hat er ja immer gespielt bei seinen frühen Wahlkampfveranstaltungen …
Der universelle McCain
Sehr witzig. Als würden nicht alle weißen US-Präsidenten, französischen Präsidenten, Bundeskanzler usw. seit Jahrhunderten die „Rassen“karte ausspielen, sonst hätte es ja keine Rolle gespielt, wenn’s auch einmal ein Schwarzer würde. Wurde es aber nicht.
Ist nur wieder ein absurder Beleg dafür, daß in weißen Köpfen weiß eben als universal, schwarz hingegen als absonderliches Partikularphänomen gilt – und wehe, die wagen es dann noch zu sagen, daß es Rassismus gibt!
Ist aber laut Milton Friedman eh nur ’ne Geschmacksfrage …
Can we?
Irgendetwas ahnen sie ja was, die ehemaligen Mitdiskutanten von Gegenüber.
Daß deren Lesenswertester und Denkoffenster sich jüngst verabschiedet hat, darüber öffentlich zu trauern hatte ich in den letzten Wochen schlicht keine Zeit. Ich tu’s hiermit – vermisse Dich jetzt schon, Statler.
Nunmehr, rund um’s allseits diskutierte Thema Obama, ist die komplette Begrifflosigkeit derer, mit denen zu diskutieren lange ja Spaß gemacht hat, offenkundig.
Dieses verbale Irrlichtern und Rumgehöhne gegen genau das, was ansonsten sie lautstark einfordern, verblüfft. Diese verschnupfte „Ätschbätsch“-Haltung, die in tragischer Naivität dann zu einer Metaphorik der „Vertragsverhältnisse“ übergeht, wenn sie Politik nicht begreift, weil sie weder über Begriffe kommunikativer Macht noch in Ökonomie gründender, massenmedialer Mechanismen verfügt und von Bildern ganz offenkundig schon gar keine Ahnung mehr hat. Ganz, als würden diese nicht ihr täglich Konto füllen.
Sie merken nicht, daß gerade sie eben auch zwischen Politik und Wirtschaft pro Politik unterscheiden und eigentlich eine Sehnsucht nach dem herrschaftfreien Diskurs in ihrem Denken nie gestorben ist, einer also, der sachlich das Richtige sucht – etwas, daß im Falle ökonomischer Kontexte dann zerrgespiegelt als „Vermachtung“ erscheint, wenn z.B. Betriebsräte über das Firmenwohl mitdiskutieren wollen.
Etwas, daß sie handlungstheoretisch durch eine Verabsolutierung des Strategischen zurückweisen – und jetzt weinen sie danach, weil angeblich Obama genau das sonst grundbegrifflich Zurückgewiesene nicht erfüllte. Und da, wo er es doch täte, dann natürlich eigentlich ganz im Sinne ihrer objektiven Notwendigkeiten redete. Das beklagen und beschwören jene, die einen Kampf gegen Terror jenseits von Anti-Terrorgesetzen schon gar nicht mehr vorstellen können. Als ginge nicht auch, diesem die ideologische Basis und somit die Legitimation zu entziehen.
Dabei ist Obama ja unter anderem in der Art eines Quotenhits auf RTL oder, weil cooler, ProSieben, gestrickt – bei allen Mediendiskussionen wollen sie doch genau das, unsere Gegenüber: Pilcher statt 70er-Jahre-Autorenfilm, letzterer sei ja nur elitär und durch den zwanghaften Staat und dessen Subventions- und Enteignungspolitik ermöglicht.
Dabei raus kommt das, was das öffentlich-rechtliche Fernsehen dann im Offtext daraus macht, die sind mittlerweile im Bereich Show und Infotainment sehr an der Nachfrage, soll heißen: Quote orientiert und formulieren dann ganz ähnlich wie die Marketing-Strategen in Obamas Rücken. Ein „Yes, we can!“ würde da nicht weiter auffallen. Und ob das Klöppel oder Kerner ausstößt, das ist ja eigentlich auch schnurz. Wer alles privatisieren will, landet genau da, formal gesehen.
Das wurde ja schon an Schröder gegeißelt, daß er als „Medienkanzler“ nur leere Worthülsen proklamiere, etwas, was in der i-phone-Werbung sich ja jeglicher Kritik entzöge, weils da vermeindlich privat sei.
Während Sadam um die Ecke bringen und Bomben schmeißen so richtig schön handfest und unmittelbar verifizierbar ist; insofern korrespondiert das dann auch mit erkenntnistheoretischen Erwägungen, die bei unseren im 19. Jahrhundert es sich gemütlich eingeigelt habenden Gegenübern so trendy sind.
Das ist in der Tat Wein trinken, Wasser predigen: Obama bedient schlicht das, was Werbung, Wirtschaft und Weltpolitik gleichermaßen zusammenhält – und was im Falle von Wirtschaft kein Schwein mehr anrüchig findet, ja, was dort als Erfolg gefeiert wird und diesen auch erst möglich macht. Kann man ja noch so doll funktional sinnvolle Produkte erfinden; wenn keiner die mitkriegt, der Vertrieb fehlt und die Produkt-Propaganda ebenso, dann bleiben die auch in des Erfinders Scheune stehen.
Genau an diesem Punkt bekommt das Netz als neue Distributionsform ja seine Durchschlagskraft: Daß Obama zunächst als Internet-Politiker gehandelt wurde und Youtube ihn zum Weltphänomen werden ließ, das sind halt jene Mechanismen jenseits von Wahrhaftigkeit und Richtigkeit, die Macht generieren helfen.
Frage ist ja eher: Kann das zusammengehen, Politik und, ich sach’s mal reduziert, Marketing? Gibt es dann noch eine „Message“ jenseits der Form selbst?
Ist ja die alte „Kulturindustrie-Kapitel“-Frage, die jüngst auch hinsichtlich linker Politikaufkam drüben beim Che. Da war’s die Diskussion um die Postmoderne und Postrukturalismus, die zu jener Frage Frage führte, ob Dekonstruktion und „zersetzende“ Anti-Theorien denn das Denken „der Linken“ geschwächt hätten (Gedanken, die manchen Internet-Chef-Autisten dazu trieben, sich mit Dildos bewehrte Stuten vorzustellen oder so ähnlich) – vielleicht ja gerade, WEIL sie versuchten, jenseits des Slogans anzusetzen und deshalb wahrer sind, nur daß sie Wahrheit eben reflexiv, prozessual und dynamisch, nicht vom Objekt her gedacht bestimmen?
Mit anderen Worten: Muß man, um politisch nicht schwach zu sein, sich ggf. genau jenen Regeln unterwerfen, die den Medienzirkus zur Ideologie verkommen lassen? Uralt, die Frage, und doch brandaktuell.
Das ist nun eine in der Tat sogar weltpolitisch entscheidende Frage, wenn man Obama so erlebt. Und das ist, was die Gegenüber ahnen: Würde wirklich ihre Welt wahr, in der Politik nur noch Eigentum schützt und für Sicherheit sorgt, ansonsten aber ALLES, eben auch Medien, nur noch in privater Hand sich befänden – könnte sie dann ihre Kritik an Worthülsigkeit und Messiahshaftigkeit überhaupt noch anbringen? Oder hätte die tatsächlich ihren Gegenstand verloren, weil Berlusconi eigentlich auch nicht weiter schlimm ist?
Und welche Ebene ist’s denn, auf der sie in dieser Frage ihre Kritik ansiedeln? Vertragsverhältnis? Angebot und Nachfrage? Negative Freiheit? Kommt da nicht doch auch Sprache in’s Spiel?
Und vor allem: Kann es trotz alledem auch wahr und richtig sein, mit Obama zu fiebern, gerade weil seine Bildgewaltigkeit auch neue Denkräume erschließt? Weil Weltbürgertum im Sinne der Bürgerrechte eben auch eine als Slogan tragfähige Message ist, die einst sogar die Mauer zum Einsturz brachte – und weil sich diese Botschaft gerade NICHT aus den ökonomistischen Imperativen herleiten läßt? Und weil, vielleicht deshalb der öffentlich-rechtliche Off-Text gar nicht so übel ist, der rein werbefinazierte bei RTL aber eben doch?
Die sind halt alle gleich …
„Seltsam, dass ihm (John McCain, MR) nicht vorgeworfen wird, vom gleichen Schlag zu sein wie seine (weißen) Unterstützer, zum Beispiel Reverend John Hayne, ein rechter Rassist.“
Marcia Pally in der gestrigen FR
Ist, wer „Politikverdrossenheit“ diagnostiziert, elitär?
Was mich ja am US-Nominierungs-Wahlkampf überrascht, ist, daß Obama ständig irgendwelche Selbstverständlichkeiten und „Normalitäten“ um die Ohren fliegen. Erst die noch verhältnismäßig moderaten Äußerungen dieses Pastor Wright oder wie der heißt, von denen einige auch Uli Hoeness einst äußerte, wenn ich mit recht entsinne. Und nunmehr gilt eine hierzulande allenfalls übliche Diagnose der „Politikverdrossenheit“ als Attitude eines potenziellen Präsidenten „von oben herab“.
Selbst Die Welt gesteht ein: „In dem Befund steckt Wahrheit, wenn man ehrlich ist.“ Na sowas!
Na ja, auch in den Blogs gegenüber gab’s ja mal so eine von wem auch immer initiierte Welle, man solle den Leuten doch nicht so viel Hoffnung machen, daß Demokratie ihnen irgendetwas brächte. Nun taucht dort erstmals seit langem – Super! – wieder ein Sich-Berufen auf Armartya Sen auf, hat dieser nicht sogar den Nobelpreis für seine Studien über den Zusammenhang zwischen Demokratie und der Abwesenheit von Hungersnöten erhalten?
Mir scheint’s ja zunehmend so, daß in den ganzen Diskussionen rund um Obama viel mehr aufscheint als nur ein US-Nominierungs-Wahlkampf … so muß wohl im Friedman-Ländle massivst davon abgelenkt werden, daß jemand die Frage noch der Motivation zur Demokratie stellt. Nix anderes hat er nämlich getan, der Obama.