shifting reality

Es gibt kein richtiges Lesen im valschen!

Na, vielleicht ja noch mal Glück gehabt!

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Der Herr von Beust als personifizierte Fassade kann sich so aufrecht erhalten. Denn, wer weiß, im Falle der Abwahl hätte er’s vielleicht einfach so gemacht wie im Falle des Volksentscheides über den Verkauf der Landeskrankenhäuser: Ach, die Leute sind ja eh zu doof, sowas beurteilen zu können, wir setzen das Wahlergebnis einfach nicht um.

So kann man dann das Gefühl bewahren, daß man noch in einer Demokratie lebte – angesichts des zutiefst autokratischen, sozialtechnologisch-gouvernemental agierenden und die Stadt ausverkaufenden Senates fiel das die letzten Jahre schwer hier in Hamburg, noch daran zu glauben. Wer so massiv gegen direkte Demokratie agitiert, der steht unter Verdacht. Ist doch normal. Ist auch wieder typisch, wo die CDU am stärksten ist: In Eppendorf, Blankenese und in den Regionen mit vielen, kleinen Eigenheimen. Bei Kleinbürgertum und Besitzstandswahrern halt. Soll doch der Rest in Rothenburgsort seine Chancenlosigkeit ausbauen dürfen. Sozialschrott. Und sowas will auch noch Mindestlohn. Papperlapapp. Wir wollen das Putzfrauenprivilileg.

Ach, und noch was für jene, die sich in biographisch bestens verständlichen Litaneien über die Wahlerfolge der Linken ergehen (und die vor allem im Sprachgebrauch dann wie üblich ganz SED-treu agieren, indem sie „dekadent“ und ähnliches verwenden): Im Westen hat die CDU die Kommunisten verboten, nicht umgekehrt. Und die SPD zog später nach, Willy Brandt hat den „Radikalenerlaß“ als seinen größten, politischen Fehler bezeichnet. Und jene Mentalitäten, die auch das SED-Regime stabilisierten, haben sich ebenfalls in CDU/CSU traditionell besonders wohl gefühlt, nicht umsonst ist Herr Schäuble da ja auch drin. Smalltalk von ein paar Schnurrbartträgern auf dem Weg in’s Stadion: „Der von Beust soll dranbleiben. Der räumt auf. Also, wo jetzt schon 11jährige Kinder kriegen“ … die DDR war kein linker Staat, sondern eine Extremform des Autoritarismus und des Überwachungsstaates.
Und wenn die maternalistische Frau Goetsch, bei der wirklich alle Vorurteile die GRÜNEN betreffend bezüglich eines Erziehungsanspruchs gegenüber der eigenen Bevölkerung zutreffen, wenn man so den Fernsehdiskussionen im Vorfeld lauschte, wenn sie mit dem Ole Ringelreihen tanzen sollte: Paßt schon. Habe als „Stammwähler“ dieser Partei da dieses mal auch nicht „kreuzen“ können. Beim besten Willen nicht.
Ansonsten hatte der mir auch eher unangenehme Herr Beck im Vorfeld der Wahl völlig recht, die rot-rot-grüne Option zu durchdenken. Weiß nicht, wie’s im Osten ist, wo wahrscheinlich wirklich viele alte Kader noch aktiv sind, und Lafontaine und Gysi sind nun auch nicht das, was mir Vertrauen schaffte.

Nichtsdestotrotz kann man nicht einfach konstant ignorieren, daß zumindest im Westen der SPD nix anderes übrig bleiben wird, als ihren dank Schröder abgespaltenen, linken Flügel wieder an sich zu binden. Und um nix anderes handelt es sich hier – Hamburg und Hessen sind schlicht und ergreifend rotgrün. Und wenn diese Option ausgeschlossen bleibt, dann ist’s kein Wunder, daß die Leute nicht mehr wählen gehen. Weil irgendwie sówieso immer sowas wie eine sich als politisches Expertensystem gebährdende große Koalition hinten raus kommt. Und das ist das schlimmste, was Demokratien passieren kann.

Written by momorulez

25. Februar 2008 um 9:15

30 Antworten

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  1. Der Hamburger Filz und die obrigkeitliche Art, Probleme zu managen hatten ja schon Mitte der 80er die Titanic dazu veranlasst, einen durch Kernverschmelzung entstandenen Regierenden Bürgermeister Kiepnahnyi zu erfinden. Wobei der tatsächliche Klaus von Dohnanyi ja noch eine menschliche Größe und Integrität hatte, die kein Regierender nach ihm wieder erreichte.

    che2001

    25. Februar 2008 at 9:50

  2. Das finde ich aber auch – Klaus von Dohnanyi war schon ziemlich in Ordnung. Hatte in Naumann jetzt was Ähnliches erhofft. Voscherau war unerträglich.

    Problem waren freilich immer schon, auch auf SPD-Seite, Leute wie dieser Eugen Wagner, der lange Bausenator war.

    Aber in Sachen Verfiilzung wird man das Gefühl nicht los, daß die CDU in 7 Jahren vollbracht hat, wofür die SPD 40 Jahre brauchte …

    momorulez

    25. Februar 2008 at 10:26

  3. In die gleiche Kategorie würde ich Hans Koschnick und Herbert Schmalstieg eintüten.

    che2001

    25. Februar 2008 at 11:49

  4. Naumann hat sich im Wahlkampf ziemlich reingehauen, das muss ich schon sagen. Dass er jetzt, war für ihn ein persönliches Opfer wäre, zunächst damit plant, die nächsten vier Jahre in der Bürgerschaft zu verbringen, spricht für ihn – und auch, dass er eine grundsätzliche Abneigung gegenüber jede Form von Postengeschacher hat.

    Dr. Dean

    25. Februar 2008 at 12:38

  5. Koschnik war ’nen Riese, das ist die Art Sozialdemokratie, mit der ich emotional wirklich tief verbunden bin … Schmalstieg kann ich kurioserweise nicht beurteilen, obwohl ich da 20 Jahre gelebt habe. Seltsam.

    Und Naumann hat tatsächlich eine sehr gute Figur gemacht. Außer gestern, als er mir den Eingang zur Haupttribüne versperrte.

    Ich mochte auch dessen Artikel in DIE ZEIT, klassisch linksliberal, der wäre schon wat gewesen für Hamburg.

    momorulez

    25. Februar 2008 at 12:45

  6. Das schafft die SPD dann auch wieder in vier Jahren, nach achten aber sicher, weswegen eine Art Wähleragreement, dass man immer mal wieder eine andere Regierung wählt, ja was feines wäre. Traut sich ja doch keiner, im Kern eine unhanseatische Politik zu machen.
    Wobei ich damit meine, dass die Grünen libertärer, die roten konservativer und die schwarzen mehr nun ja … sind als in anderen Teilen des Landes.

    ring2

    25. Februar 2008 at 13:03

  7. Na, das suggeriert der Herr von Beust aber auch nur, das mit der hanseatisch-weltoffenen Politik Das ist ja das Desaster an dem Mann, daß der ganz präsidial mal eben so allerlei Schweinereien weglächelt.

    momorulez

    25. Februar 2008 at 13:06

  8. Aber hat das nicht auch hanseatische Tradition?

    ring2

    25. Februar 2008 at 13:13

  9. … die Eigenarten bspw. einer Stadt, wie Altona da zu pflegen wäre dann der Gegenentwurf.

    ring2

    25. Februar 2008 at 13:14

  10. Isses das, was hier Tradition hat? Vielleicht stimmt das sogar … ist ja irgendwie auch Kaufmanns-Mentalität.

    Und Altona als Gegenentwurf, ich weiß ja nicht … diese ganze vollgferessenen Linksspießer da in Ottensen mit ihren überteuerten Eigentumswohnungen, also, ich finde das ja beklemmend 😀 … die Ecke Große Bergstraße, da sieht die Welt noch anders aus, das stimmt.

    momorulez

    25. Februar 2008 at 13:21

  11. Wie es zu Lloyd George heißt, galt dieser nur deshalb als liberal, weil er einen schwulen Schwippschwager in Yorkshire hatte. So ähnlich ist das mit dem Ole auch.

    che2001

    25. Februar 2008 at 13:24

  12. Ich meine da auch die Vergangenheit Altonas als liberaler Gegenentwurf zum abgeschotteten Hamburg. Die Holländische Reihe heisst ja so, weil man in Altona verfolgte Holländer aufnahm, die Hamburg und alle anderen nicht haben wollte. Hier entstand dann auch sowas, wie die erste Norddeutsche Medienhauptstadt mit vielfältigen Publikationen. Was wir übrigens auch von den Holländern gelernt haben.

    ring2

    25. Februar 2008 at 13:43

  13. Altona, Ostertorviertel, Linden, Nordstadt, Vorderer Westen, jede anständige Stadt hat solch einen Stadtteil.

    che2001

    25. Februar 2008 at 14:54

  14. Ja, nur daß Altona eben sehr lange wirklich eigene Stadt war, haben doch erst die Nazis vereint … das stimmt schon, daß z.B., wenn protestantische Prediger die Juden aus Hamburg vertrieben haben, dann sind die öfter mal in Altona untergekommen. Und St. Pauli lebt bis heute davon, der Vergnügungsdestrikt zwischen den Städten gewesen zu sein …

    momorulez

    25. Februar 2008 at 15:00

  15. Und seinerzeit die möglicherweise fortschrittlichste Stadt Deutschlands, jedenfalls vom Dreißigjährigen Krieg bis Weimar. Stimmt schon, das ist etwas Besonderes. Ist denn nicht Linden auch eine eigene Stadt gewesen? Die sprechen noch nicht mal das hannöversche reine Hochdeutsch, sondern einen dem Braanschwajischen ähnlichen ostfälischen Dialekt.

    che2001

    25. Februar 2008 at 15:31

  16. Irgendwann war ja das meiste mal Dorf, aber Linden war, als es Stadt wurde, doch ziemlich fix das Arbeiterwohnheim von Hannover, oder? So zusammen mit Limmer, Hanomag und so? Nordtstadt war ja lange schon Uni-Bezirk und eben auch gleich an den Gärten, das ist dann noch mal wat anderes —

    momorulez

    25. Februar 2008 at 15:35

  17. OK, dann würde der Vergleich mit Vegesack und Bremen eher passen. Das genaue Gegenteil von Linden (den Gesamtkomplex Linden-Nordstadt-List-Vahrenwald liebe ich ja, und wo gibt es sonst einen Stadtbezirk, wo die Bevölkerung stolz auf drei warme Brüder ist?) wäre Schwabing: Auch mal eigene Stadt gewesen, aber so ganz und gar unproletarisch.

    che2001

    25. Februar 2008 at 16:02

  18. Huch? Warme Brüder? Ist mir das was entgangen?

    Vahrenwald konnte ich nie ausstehen, aber die List ist schon schön … wobei sich freundeskreistechnisch irgendwann damals alles eher zwischen den Dörfern in der Wedemark – und die Wedemark liebe ich auch sehr! – und Linden/Nordstadt abspielte. List, da wohnten eher meine Lehrer 😉 …

    Ist aber auch alles lange her. Als ich neulich ein in der Glocksee aufgenommenes Video bei Youtube fand, wurde mir ganz wunderlich ….

    momorulez

    25. Februar 2008 at 16:16

  19. Du willst mir doch nicht sagen, dass Du die Drei warmen Brüder nicht kennst?! 🙂

    che2001

    25. Februar 2008 at 16:17

  20. Doch, ich kenne zwar so einige, aber welche Du meinst, das wüßte ich jetzt nicht …

    momorulez

    25. Februar 2008 at 16:21

  21. In Linden, neben dem Ihme-Zentrum, steht ein Heizkraftwerk mit drei Schornsteinen, die „Die drei warmen Brüder“ genannt werden und zu den Wahrzeichen Lindens gehören.

    che2001

    25. Februar 2008 at 16:35

  22. Ach so, das kenne ich natürlich, aber wir Einwohner haben das doch gar nicht so genannt …

    momorulez

    25. Februar 2008 at 16:40

  23. Die Lindener schon.

    che2001

    25. Februar 2008 at 16:45

  24. Das sind dann die Zugezogenen 😉 …. (muß ich gerade sagen als hier Zugezogener).

    momorulez

    25. Februar 2008 at 16:49

  25. Gestern ist der Himmel überm Millerntor aufgezogen. War schön, hat aber auch nix mehr genutzt ./

    ring2

    25. Februar 2008 at 18:05

  26. Nix da, die Innenstadtgeborenen, nicht solche Halb-Landeier wie Du 🙂

    che2001

    25. Februar 2008 at 18:44

  27. Dieser Sprachgebrauch ist tatsächlich nicht bis zu uns vergedrungen – aber gegen Halb-Landei verwehre ich mich doch, bin immmerhin mit Blick auf die Autobahn geboren 😉 – was auch wirklich scheußlich war, daß das da, wo ich herkomme, eben weder Land noch richtig Stadt war, nicht etwa von jedem die Hälfte. Eigentlich fürchterlich.

    Und daß Linden erst so spät hinzugemeindet wurde, das wußte ich auch nicht.

    Beim Blick auf diesen Stadtplan gingen ja eben ganz viele Erinnerungsfenster auf ….. die Parties bei Andrea, die Wohnung von Imke und Ilona, das waren bei uns die ersten, die ’ne eigene Wohnung hatten, …. das Rotkäppchen, „Asterix erobert Rom“ im Apollo gucken, und auch das MacDonalds am Schwarzen Bären, das war eines der ersten, fanden wir als Kids halt super … die Konzerte im Capitol, das von „Fury in the Slaughterhouse“ *87 war so eins, wo irgendwie alle waren, und Style Council und Killing Joke habe ich da auch gesehen.

    Gott, bin ich froh, daß diese Lebensphase schon lange zurück liegt 😀 ….

    momorulez

    25. Februar 2008 at 20:05

  28. Hmm ja das Capitol, diese Lebensphase hätte ich ja gerne wieder… 😉

    🙂

    che2001

    25. Februar 2008 at 23:13


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