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Es gibt kein richtiges Lesen im valschen!

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Ideologie und öffentliche Meinung

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Wenn wir hier über Denkverbote, polizeiliche Interventionen und deren Legitimität diskutieren, sollte man doch mal darauf hinweisen, dass der Staat seltenst im Sinne von konzertierten Aktionen operiert. Es geht mir ja nicht allein darum, dass die Festnahme linker Forscher per se eine Meinungsunterdrückung sei, so als ob der Staat nur repressiv operieren könne. Nein, der Staat ist wie jedes Machtdispositiv in erster Linie ein Ensemble organisierender Kräfte, der auf den verscheidensten sozialen Ebenen wirken. Die Festnahme des Forschers ist wie die Starfanzeige der Journalisten im Falle des BND-Untersuchungsausschusses nicht zuerst Meinungsunterdrückung, sondern eine strategische Einwirkung auf die öffentliche Meinung.

„Was ‚öffentliche Meinung‘ genannt wird, ist aufs engste mit der politischen Hegemonie verknüpft, es ist nämlich der Berührungspunkt zwischen ‚Zivilgesellschaft‘ und der ‚politischen Gesellschaft‘, zwischen dem Konsens und der Gewalt. Der Staat schafft, wenn er eine wenig populäre Aktion starten will, vorbeugend die angemessene öffentliche Meinung, das heißt, er organisiert und zentralisiert bestimmte Elemente der Zivilgesellschaft. (…)

Die öffentliche Meinung ist der politische Inhalt des öffentlichen politischen Willens, der ohne Übereinstimmung sein könnte: deshalb gilt es den Kampf ums Monopol der Organe der öffentlichen Meinung: Zeitungen, Parteien, Parlament, damit eine einzige Kraft die Meinung und folglich den nationalen politischen Willen modelliert und die Nichtübereinstimmenden zu einer individuellen und unorganischen Wolke zerstäubt.“
Antonio Gramsci (1991 ff.): Gefängnishefte, Bd. 4, Hamburg: Argument, 916  f.

Genau darum geht es aber,  Denkverbote, Meinungsorganisation und kulturelle Hegemonien sind eins.  Das war ja auch die Strategie während des G8-Gipfels: die systematische Zerstäubung der politischen Gegenfront. Und da hatten dann die Fernsehsender, Radiosender, Zeitungen  und auch Blogs  (wenn auch evtl. aus anderen Motiven heraus) mit Schäuble immer wieder als erstes nach dem Verhältnis zum Gewalt- potential des schwarzen Blocks gestellt. Das alles wurde aber weit vor dem Stattfinden des Gipfeltreffens angeleiert.  Übrigens war das doppelt problematisch: Nicht nur werden alle verschiedenen Positionen der Globaisierungskritiker auf die des schwarzen Blocks bezogen, sondern dann auch immer wieder eine Bedeutungskette konstituiert, die den /legitimen/, /gewaltfreien/ Protest mit  der /Untersützung/ der Position der Bundesregierung selbst verbunden sehen wollte,  da sie doch die /Umwelt/ und /Afrika/  /stärken/ wollte.

Das alles sollte nicht der tatsächichen Verbindung vcn Gipfelteilnehmern und Protestanten dienen, die ja sowieso nicht  aufeinandertreffen sollten, sondern der Dekreditierung von Kritiken, die nicht sofort schreien: „Niemals Gewalt“!

Aber so sind eben solche Aktionen wie die Anklage der Journalisten und die Festnahme des Forschers gezielte Interventionen mit dem Ziel, die Journalisten als Intellektuellengruppe zum einen aus einem bestimmten Informationsbereich herauszudrängen und deren Informationsbeziehungen aufzulösen, zum anderen aber auch eine mögliche Allianzen zwischen Wissenschaftlern und politisch Aktiven zugleich zu verunmöglichen und as Einzelfall zu denormalisieren, d.h. anderen zivilgesellschaftlichen Willensbildungen zuvorzukommen.

Written by lars

4. August 2007 at 21:46

Veröffentlicht in Regierung der Kultur