shifting reality

Es gibt kein richtiges Lesen im valschen!

Archive for August 17th, 2007

Die verpasste Aufklärung auf der Documenta

with 3 comments

Klasse Beitrag von der Lady:

http://netbitch1.twoday.net/stories/4172362/

Written by che2001

17. August 2007 at 9:48

Veröffentlicht in Nicht kategorisiert

Die Moderne: Ein Aufsatz mit fast vergessener Wirkungsgeschichte

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„Max Weber hat die kulturelle Moderne dadurch charakterisiert, daß die in religiösen und metaphysischen Weltbildern ausgedrückte substantielle Vernunft in drei Momente auseinandertritt, die nur noch formal (durch die Form argumentativer Begründung) zuammengehalten werden. Indem die Weltbilder zerfallen und die überlieferten Probleme unter den spezifischen Gesichtspunkten der Wahrheit, der normativen Richtigkeit, der Authentizität oder Schönheit aufgespalten, jeweils als Erkenntnis-, als Gerechtigkeits-, als Geschmacksfragen behandelt werden können, kommt es in der Neuzeit zu einer Ausdifferenzierung der Wertsphären Wissenschaft, Moral und Kunst. In den enstprechenden kulturellen Handlungssystemen werden wissenschaftliche Diskurse, moral- und rechtstheoretische Untersuchungen, werden Kunstproduktion und Kunstkritik als Angelegnheit von Fachleuten institutionalisiert.“

Habermas Jürgen,Die Moderne – eine unvollendetes Projekt (1980), in ders.: Die Moderne – ein unvollendetes Projekt. Philosophisch-Politische Aufsätze 1977-1990, Leipzig 1990, S. 41

„Eine differenzierte Rückkoppelung der modernen Kultur mit einer auf vitale Überlieferungen angewiesenen, durch bloßen Traditionalismus aber verarmten Alltagspraxis wird freilich nur gelingen, wenn auch die gesellschaftliche Modernisierung in andere nichtkapitalistische Bahnen gelenkt werden kann, wenn die Lebenswelt aus sich Institutionen entwickeln kann, die die systemische Eigendynamik des wirtschaftlichen und des administrativen Handlungssystems begrenzt.“

Ebd., S. 51

Written by momorulez

17. August 2007 at 7:38

Veröffentlicht in Gegenmoderne, Modere, Moderne, Postmoderne

DIE MODERNE! James Hobrecht

with 7 comments

Die Moderne taucht ja ständig auf. Als Begriff gern verwendet, um sie gegen sie selbst zu wenden, von Leuten, die andern Leuten, die sie „die Linken“ nennen, vorwerfen, dass sie was gegen „die Moderne“ hätten.
Als jemand, der wirklich in der wirklichen Wirklichkeit praktisch arbeitet, mit anderen Menschen zusammen und mit den eigenen Händen, scheine ich aber einen anderen Begriff von „der Modernen“ zu haben, als jene Leute, die ständig von der „Moderne-Skepsis“ anderer reden, während sie „die Freiheit“ des Unternehmers meinen, mithin ihre eigene, also doch noch die von Individuen, immerhin. Da hängen sie dann noch einige andere zeitgeistige Worte dran, „Amerika“, „der Westen“, „der Kapitalismus“, was weiss ich, und die ganze Moderne ist fertig. Früher waren das andere Worte, die will ich aber nicht benutzen. Jetzt kann man die Moderne wie so ein Ding durch die Gegend tragen und andern zeigen: hier, guckma, das is die Moderne, so sieht die aus. Cool, nich. Also, die haben den Begriff davon.
Ich habe den nicht, was wahrscheinlich mit meiner modernen Ausbildung zu tun hat, in der wir noch lernten, wie wir, voller Zweifel am Begriff, die Moderne herzustellen hätten. Im Verhältnis zu anderen Zeiten hat das, was wir als Moderne zu finden versuchten, einige Vorteile, auf denen zu beharren ist, wenn wir nicht in Verhältnisse zurückgeraten wollen, wie sie vorher herrschten, und in vielen Teilen der Welt immer noch herrschen, und zwar die Menschen beherrschen. Zur Moderne gehört beispielsweise die Erkenntnis, dass menschliche Freiheit, das heisst unversehrt an Leib und Seele ohne Autorisierung handeln zu können, für den Einzelnen durchaus von sogenannten Äusserlichkeiten abhängt. Zum Beispiel von der städtischen Kanalisation, von den Balkonen der Stadtwohnungen, der funktionierenden Strassenbahn, der Lichtmenge in meinen Zimmern, der ärztlichen Versorgung, der Ästhetik dessen, was mich umgibt, usw. Für diese Äusserlichkeiten des Seins muss man arbeiten, man muss sie übehaupt erst mal als notwendige Grundlage der modernen Freiheit antizipieren, und sie müssen gepflegt werden. In diesem Sinne muss die Hardware der Moderne gepflegt werden, damit sie nicht verloren geht. In Deutschland, dem Land der „linken“ angeblichen Moderne-Skeptiker, hat das ja ganz gut funktioniert, in der Schweiz noch besser, weil dort viel stärker „nachhaltig“ gedacht und gearbeitet wird; also man stellt die Dinge nicht einfach irgendwo hin, um sie dann sich selbst zu überlassen. Und: je besser sie funktionieren, umso grösser wird für den Einzelnen der Spielraum seiner Subjektivität in der arbeitsteiligen Gesellschaft. Diese Möglichkeit der Subjektivität auf grund gewisser Übereinkünfte ist modern! Die gab es nämlich vorher so nicht, genausowenig wie die städtische Kanalisation und Badezimmer, genausoviel wie Tuberkulose und Cholera. Hier wird die Sache nämlich wirklich.
Deswegen rede ich kurz von James Hobrecht. Ich bin ja ziemlich stolz darauf, dass ich im selben Verein bin, dem Hobrecht zeitweilig vorgestanden hat. James Hobrecht hat die technische Moderne, die Moderne der Infrastruktur, die Ingenieurmoderne nach Berlin gebracht. Hobrecht hat den berühmten Hobrecht-Plan gemacht, der immer noch für die Stadtplanung Berlins grundlegend ist. Er hat die Möglichkeiten neuer Ästhetik in der Stadt geschaffen. Hobrecht war „die Moderne“, und dazu gehörte genau die Art von Kritik, die gerade von teilweise durchaus idiotischen sogenannten marktradikalen, liberalistischen Diskursen populistisch verächtlich gemacht wird, damit sie ungeachtet der Wirklichkeit anderer Menschen um sich selber kreisen können; auch Architekten und Städtebauer, die das 19. Jahrhundert als ihr Ziel der Zukunft ansehen, beteiligen sich ja daran, und die lassen, anders als die Ökonomen, eher die Katze aus dem Sack, indem sie handfest von der Überwindung und Abschaffung der Moderne sprechen, und ich spreche leider öfter mal mit denen.
Das erinnert als ästhetische Diskussion alles sehr an den Historismus des 19.Jahrhunderts, der im berliner Mietwohnungsbau mit den schlimmsten Wohnverhältnissen verbunden war, und der nicht modern sein wollte, sondern repräsentative Camouflage betrieb, die nicht viel kostete. Hobrechts Kritik richtete sich durchaus an Banken und spekulierende „Kapitalgeber“, die keineswegs im Sinne einer menschlichen Moderne handelten. Also, Hobrecht gälte heute den liberalistischen Diskursen als anti-westlicher Neosozialist und Moderne-Skeptiker, wenn man deren Heilslehren so zuhört. Aber Hobrecht hat gearbeitet, und wenn jetzt, heute die Tuberkulose wieder zurückkommt, dann hat das mit Vernachlässigung zu tun, aber nicht mit Leuten wie Hobrecht.
Ich zitiere Klaus Strohmeyer, der den ganzen Hobrecht kurz zusammenfasst:
(http://www.klaus-strohmeyer.de/modern.html)

James Hobrecht und die Modernisierung der Stadt

Als James Hobrecht vor über 100 Jahren am 8. September 1902 starb, waren die wesentlichen Schritte für die Entwicklung Berlins zu einer modernen Metropole getan. Mit der Erstellung des Bebauungsplanes von 1862, mit dem das Wachstum der Stadt um die historischen Stadtkerne herum in geregelte Bahnen gelenkt wurde, war er im Alter von 34 Jahren betraut worden. Bis heute wird dieser Umstand von seinen Kritikern zum Anlass genommen, dem allzu jungen Baumeister Überforderung zu attestieren und die Missstände der „Mietskaserne“ zur Last zu legen. Doch die Kritik ist seltener geworden und hat – zuletzt auch in der Diskussion um das „Planwerk Innenstadt“ der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung – einer überwiegend positiven Beurteilung Platz gemacht.

Dem sog. „Hobrechtplan“ waren nicht die Mängel einer Bauordnung anzulasten, die es zuließ, dass die Hofräume auf das Minimum des Wendekreises der Feuerspritze reduziert werden konnten, dass die Bebauungsdichte die substantiellen Grundanforderungen an Belichtung und Belüftung unterschreiten konnte, dass Keller- und Dachgeschosswohnungen angeboten werden durften, deren Ausstattung und Zustand jeder sozialen Verantwortung spotteten. Eine unseliges Gemisch aus Unzulänglichkeiten der Bauverwaltung, Eigennutz des „Hausbesitzerparlaments“ und Spekulanteninteressen war die Hauptursache, und auch die Banken hatten schon damals mit ihrer spezifischen, wenig verantwortungsvollen Kreditpolitik ihren Anteil am Wohnungselend der Mietskasernenstadt des 19. Jahrhunderts.
Wer Hobrechts in politischer Hinsicht wichtigste Schrift „Über öffentliche Gesundheitspflege und die Bildung eines Central-Amts für öffentliche Gesundheitspflege im Staate“ aus dem Jahr 1868 liest, mit der er die Gründung eines Reichsgesundheitsamtes anregte, weiß, dass es kaum einen schärferen Kritiker der katastrophalen Wohnverhältnisse in dieser Zeit gab. „Wenn wir uns vor Arbeiter-Vierteln hüten wollen, so müssen wir bei unserem Prinzip stehen bleiben, es nicht verwerfen, sondern verbessern. Es kann hier nicht meinen Aufgabe sein, im Speziellen anzugeben, wie und wodurch wir unsere Wohnungsverhältnisse verbessern, wie wir das empfehlenswerthe Durcheinanderwohnen beibehalten können, ohne dabei unseren Häusern den Kasernen-Charakter zu belassen, aber das ist als hauptsächlichstes Postulat kurzweg hinzustellen, dass mehr Luft und mehr Licht den Gebäuden zu geben ist. Fort mit den Kellerwohnungen, die gut sind für Fässer und Kartoffeln, aber nicht für Menschen! Raum für die Höfe! Das vierfache der Dimensionen, welche die Berliner Baupolizei-Ordnung verlangt, das achtfache des Raumes, den die Stettiner Häuser übrig lassen, ist nicht zu viel, ist kaum genug, wenn wir für unsere Hinterzimmer noch Sonne, Licht und Luft in genügender Quantität und Güte behalten wollen:“
Hobrecht war ein engagierter Befürworter des Berliner Mietshauses, um Segregation zementierende Elendsquartiere, wie er sie in englischen Industriestädten gesehen hatte, zu verhindern und ein „Durcheinanderwohnen“ zu aller Nutzen zu gewährleisten. „Nicht ‚Abschließung‘ sondern ‚Durchdringung‘ scheint mir aus sittlichen, und darum aus staatlichen Rücksichten das Gebotene zu sein.“
Er betonte, „dass bei solchen Fragen die Armen es sind, welche besondere Berücksichtigung verdienen, wenigstens, wenn man sich nicht auf den behaglich-egoistischen Standpunkt stellt, der nur fragt: ‚wie wohne ich am besten?‘ sondern sich die Frage vorlegt: ‚wie wohnen alle Bewohner einer Stadt verhältnismässig am besten?‘.“
Seine Leistungen bei der Durchsetzung und Schaffung einer modernen, systematischen Kanalisation und Entwässerung für Berlin ab 1869 und für einige andere deutsche Städte waren von Beginn an unbestritten. Sein Modell einer Aufteilung des Stadtgebietes in separate, unabhängig voneinander zu erstellende in sich zentrierte Radialsysteme, in denen die Abwässer gesammelt und mit Dampfkraft an die Peripherie der Stadt transportiert wurden, wo sie auf landwirtschaftlich nutzbaren Rieselfeldern versickerten, anstatt in Flüsse eingeleitet zu werden, wurde zu einem viel beachteten Vorbild. Aufträge für Moskau, Tokio und Kairo bestätigten, dass sein Ruf als Kanalisationsexperte weit über die Landesgrenzen gedrungen war.
Mit seiner 1885 erfolgten Berufung zum Stadtbaurat für Straßen- und Brückenbau erweiterte sich sein Aufgabenkreis: bei der Spreeregulierung, beim Brückenbau und bei der Einführung von Nahverkehrssystemen spielte er eine wichtige Rolle. Die Berufung war ebenso Bestätigung seiner Verdienste wie die Vielzahl der Orden und Auszeichnungen und die seine Karriere abschließende Ernennung zum „Stadtältesten von Berlin.“

Written by talbert

17. August 2007 at 0:41